Auch dieses Jahr werden die 5 Gewinner-Bücher von Audible vertont. Wir haben die begeisterte Self-Publishing-Autorin Halo Summer zum Interview getroffen und sie zur morgigen Veröffentlichung ihres ersten Hörbuchs befragt.

Interview mit Autorin von Aschenkindel - das wahre Märchen

Du lebst zurückgezogen in einem Haus am Wald. Helfen die Einsamkeit und die Natur beim Schreiben?

Ich habe mit dem Veröffentlichen begonnen, kurz nachdem ich an diesen Ort gezogen bin, und seitdem habe ich mehr geschrieben als jemals in meinem Leben. Unsere Straße ist so versteckt, dass sie kein Stuttgarter Taxifahrer kennt, und ich blicke vom Haus aus auf Obstwiesen, Wälder und Friedhofsgärtnereien. Die Sterne leuchten hier heller als an anderen Orten in Stuttgart. Manchmal kommt es mir wirklich so vor, als hätte diese Umgebung einen besonderen Einfluss auf mich – wesentliche Ideen zu meinen Geschichten kamen mir auf den Spaziergängen mit meinen Hunden durch den Wald.

Wie bist du Schriftstellerin geworden?

Ich habe mit vierzehn Jahren beschlossen, Schriftstellerin zu werden, nachdem ich den letzten Satz von Herr der Ringe gelesen hatte. Ich war zu der Zeit ein eher emotionsloser Teenager, aber diese Geschichte hat mich so bewegt, dass ich am Ende in Tränen ausgebrochen bin. Damals habe ich gemerkt, wie sehr mich eine Geschichte berühren kann, und seither war es mein Wunsch und mein Traum, andere Leser ebenso zu bewegen, indem ich eigene Geschichten schreibe und veröffentliche.

Du bist ja auch Bloggerin: Warum und worüber? Wie hilft das beim Schreiben?

Das Bloggen dient hauptsächlich dazu, all die Leser zu informieren, die mit Facebook oder Instagram nichts anfangen können. Ich war früher, bevor ich Bücher veröffentlicht habe, nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs, deswegen kann ich es gut verstehen, wenn einige meiner Leser einen großen Bogen darum machen. Zu diesem Zweck gibt es meinen Blog, wo sie nachlesen können, was es Neues gibt und welche Gedanken mir so durch den Kopf gehen. Wenn ich meinen Lesern meine Gedanken zu meinen Büchern mitteile, bekomme ich über den Blog, Facebook und Instagram viele Erwiderungen, die sehr wichtig für mich sind. Ohne diesen Austausch wäre meine Arbeit einsam. So habe ich immer das Gefühl, mit meinen Träumen nicht allein zu sein.

Was ist die Sumpfloch-Saga und wie ist die Verbindung zum Aschenkindel?

Die Sumpfloch-Saga erzählt von einer magischen, aber bedrohten Welt namens Amuylett und davon, wie verschiedene Jungen und Mädchen darin erwachsen werden und versuchen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Die Märchenmotive unserer Welt gibt es auch dort, nur in etwas abgewandelter Form. Populär sind in Amuylett zum Beispiel „Schneewölfchen und die sieben Flöhe“, „Froschröschen“ oder eben „Aschenkindel“. Die wahre Geschichte, die im Roman Aschenkindel erzählt wird, spielt dreitausend Jahre vor der Sumpfloch-Saga, ebenfalls in der Welt Amuylett. Hier trifft ein Mädchen auf einen Zauberer, der zufälligerweise auch ein Prinz ist. Aus dieser „wahren Geschichte“ entstand das amuylettische Volksmärchen „Aschenkindel“.

Was reizt dich an Märchen?

Märchen habe ich schon immer geliebt, in allen Varianten. Ich mochte die grausamen Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, die kitschig-musikalischen Disney-Märchen oder auch die tschechischen Märchenfilme, allen voran „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. Während des Studiums habe ich mich vor allem mit der tiefenpsychologischen Deutung von Märchen befasst. Wesentlich ist dabei immer das gute Ende – die Bewältigung von dunklen Aspekten innerhalb oder auch außerhalb von uns durch die Reifung unserer Persönlichkeit. Übrigens bin ich genauso wie die Brüder Grimm in Hanau geboren und aufgewachsen. Diese märchenhafte Herkunft hat wohl Spuren hinterlassen.

Worum geht es in Aschenkindel? Vordergründig und zwischen den Zeilen?

In Aschenkindel geht es darum, wie man sein Glück findet. Vordergründig scheint man dafür – vor allem im Märchen – einen Prinzen zu benötigen. In Wahrheit ist der Prinz entbehrlich. All das Glück, das Aschenkindel empfindet, schöpft sie aus ihrer Sicht der Welt und ihrer Liebe für alles, was sie umgibt. Man könnte auch sagen: Wer sich selbst genügt, dem schickt das Schicksal gerne einen Prinzen vorbei – oder eben andere schöne Dinge. Es ist das Gegenteil einer Weltsicht, die besagt: Hätte ich nur dieses oder jenes, dann wäre ich glücklich. Eine solche Suche nach Glück ist zum Scheitern verurteilt.

Warum glaubst du, hat Aschenkindel die Storyteller-Jury überzeugt?

Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass ein Märchen die Jury beeindrucken könnte, zumal diese ja mehrheitlich aus Männern bestand. Mittlerweile habe ich von einigen männlichen Lesern gehört, dass sie die Geschichte wegen ihres Humors und der Originalität gerne gelesen haben. Klar, es gibt in der Geschichte Magie, Liebe und einen Ball – aber die altbekannten Motive werden gegen den Strich gebürstet und dadurch wird es interessant und spannend. Ich wünsche mir jetzt mal, dass es diese Komponenten waren, die die Jury überzeugt haben: Witz, Originalität und eine mitreißende Handlung.

Was war deine Motivation, beim Storyteller-Wettbewerb mitzumachen? Hast du Aschenkindel nur für den Storyteller-Award geschrieben?

Ja, die Ähnlichkeit zwischen Kindle und Aschenkindel in der Aussprache ist mir mittlerweile auch aufgefallen und ich werde auch oft darauf angesprochen. Zudem bedeutet das englische Wort Kindle „entzünden, entflammen“ und mein Cover ist von einem glühenden Funkenflug überzogen. Aber das ist ein faszinierender Zufall und war absolut keine Absicht. Die Teilnahme am Storyteller war ursprünglich auch nicht geplant. Ich hätte letztes Jahr schon gerne mitgemacht, hatte aber kein Buch. Dieses Jahr hätte ich eigentlich auch kein Buch gehabt, aber im Frühling bin ich im achten Teil meiner Sumpfloch-Saga stecken geblieben und habe dann, um mich aufzubauen und den Kopf freizubekommen, Aschenkindel aufgeschrieben. Die fertige Geschichte habe ich eingereicht und der Rest ist immer noch ein Wunder für mich.

Hast du die anderen Finalisten-Titel gelesen? Wie fandest du sie?

Ich wollte vor der Preisverleihung unbedingt alle Titel lesen, aber ich bin eine langsame Leserin und hatte auch kaum Zeit, sodass ich es gerade mal geschafft habe, die ersten Kapitel von „So bitter die Schuld“ von Melisa Schwermer zu lesen. Obwohl ich normalerweise keine Thriller lese, war ich gleich gefesselt und fand es sehr spannend. Ich bin nun fast durch mit dem Buch und die anderen Bücher will ich auch noch lesen, vielleicht schaffe ich es ja bis zur Preisverleihung nächstes Jahr.

Ich war bei der Storyteller-Verleihung vor Ort und erinnere mich noch, dass du weinen musstest, als der Preis bekannt gegeben wurde. Du wusstest also tatsächlich vorher gar nicht, wer gewinnt?

Ja, es war spannend bis zum Schluss, denn wir Finalisten hatten keine Ahnung, wer den Preis bekommen würde. Wir saßen aufgeregt vor der Bühne und haben, glaube ich, alle nur einen Bruchteil von dem mitbekommen, was da oben gesprochen wurde. Schließlich wurde die Begründungsrede der Jury gehalten, die den Sieger enthüllen sollte. Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass es mein Buch werden würde. Als dann plötzlich vom Märchen-Genre die Rede war, war ich ungläubig, überwältigt und bodenlos gerührt. Mir kommen jetzt noch die Tränen, wenn ich mich daran erinnere. Ich habe später zu vielen Leuten gesagt: Ich hätte nie gedacht, dass man sich als Erwachsener noch einmal wie ein Kind freuen kann. So vollkommen ungetrübt, in uferloser Begeisterung. So war das bei mir und so ist es noch immer, wenn ich mir vor Augen führe, dass ich tatsächlich diesen Preis gewonnen habe.

Was hast du seitdem erlebt?

Ich hatte mich ursprünglich auf eine ruhige Schreibphase im November eingestellt, aber daraus wurde natürlich nichts. Ich weiß nun, dass ich Live-Interviews geben kann, habe mich daran gewöhnt, Fotografen in meinem Haus zu empfangen, und habe mit HarperCollinsGermany im Rekordtempo die Veröffentlichung von Aschenkindel vorbereitet. Wenn ich dann mal zum Schreiben gekommen bin, habe ich gemerkt, wie sehr mich diese Arbeit erdet. Ich denke mehr denn je, dass ich den schönsten Beruf der Welt habe.

Du hast auf der Buchmesse auch die Sprecherin gehört, die dein Hörbuch einlesen wird: Wie war dein Eindruck von der Sprecherin und der Interpretation? Bist du zufrieden mit der Sprecherauswahl?

Immer mal wieder schwärmen Leser in Rezensionen oder auf Bücherblogs von der Aschenkindel-Lesung von Sabina Godec, die auf der Buchmesse stattgefunden hat. Manche Leser wurden erst dadurch auf Aschenkindel aufmerksam und hatten dann bei der Lektüre die ganze Zeit ihre Stimme im Kopf. Für mich war es anfangs ungewohnt, meine geschriebenen Worte ausgesprochen zu hören – ich habe davor noch nie einen meiner Texte vorgelesen bekommen. Je länger ich zuhörte, desto gebannter und faszinierter war ich. Irgendwann war ich so vertieft, dass ich ganz enttäuscht war, als die Lesung nach einem Kapitel endete. Märchen wurden ja ursprünglich mündlich vorgetragen und während ich Sabina Godec zugehört habe, wurde mir klar, warum: Man taucht in das Geschehen ein und ist unmittelbar vor Ort, wenn man einer solchen Erzählerin lauscht. Sie spricht den Buchstaben Leben ein.

Aschenkindel. Das wahre Märchen