Das ist das Szenario, das Josh Malerman in seinem Horror-Roman gleich auf zwei Zeitebenen ausspielt: Auf der einen verfolgen wir die ersten bizarren Todesfälle, den Anfang vom Ende, und wie ihn die junge Malorie erlebt. Mit einer Gruppe Überlebender versteckt sie sich in einem verrammelten Haus, die Fenster verhängt, und nach draußen wagt man sich – wenn überhaupt – nur noch mit geschlossenen Augen. Was dort lauert? Von irgendwelchen Kreaturen wird gemunkelt, deren bloßer Anblick unerträglich ist. Keiner weiß es wirklich.

Der zweite Handlungsstrang spielt in der Gegenwart: Malorie - offenbar als Einzige der Gruppe übrig - wagt sich mit verbundenen Augen und zwei kleinen Kindern ins Freie, auf den gefährlichen Weg an einen sicheren Ort. Was ist passiert?

Natürlich bezieht dieses Hörbuch seine Spannung aus der ebenso einfachen wie genialen Grundidee: Eine unbekannte Gefahr lauert, aber man hat keine Ahnung, wie sie aussieht. Jedes Rascheln, Knacken, jedes Gefühl von Präsenz, das Malorie und ihre Freunde durchmachen – es lässt einem die Haare zu Berge stehen. Ganz schlimm die Momente, wo man 'Ohrenzeuge' wird, wie jemand dem Wahnsinn zum Opfer fällt. Wo die Gefahr direkt neben einem steht, und man darf nicht hinsehen! Ein Sinneseindruck fehlt, Malorie genau wie uns, und den füllt unsere Vorstellungskraft mit schrecklichsten Bildern.

Trotzdem macht der Horror à la Lovecraft nur einen Teil des Romans aus. Bird Box versucht sich außerdem an Gruppenpsychologie à la Herr der Fliegen, was nicht so gut gelingt. Dazu sind die Figurenzeichnungen zu blass. Im Mittelteil gibt es Längen. Auch das Ende bleibt viele Antworten schuldig. Dennoch: Der Weg ist das Ziel, und das Konzept ist so gut, die Spannung so haarsträubend, dass man an Bird Box einfach nicht vorbei kommt.

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Zwei Versionen von "Bird Box" zur Auswahl (plus die Netflix-Serie)

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Was die Sprecherin angeht, habt ihr den Luxus der Wahl: Entweder hört ihr euch Katharine Mangold (deutsch) an, deren distanzierter Ton der Geschichte Erbarmungslosigkeit verleiht. Oder ihr entscheidet euch für Cassandra Campbell (englisch) mit mehr Variation und Drama. Geschmackssache. Beide Versionen sind ungekürzt.

Tipp: Schließt beim Hören die Augen – und macht sie erst nach dem letzten Satz wieder auf. Wirkt.

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