China verstehen – ist das überhaupt möglich? Das chinesische Volk ist nicht nur unglaublich zahlreich und unendlich divers, es erscheint vielen westlichen Beobachtern auch fremd. Doch die wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen zwischen Europa und dem "Land der Mitte" sind so eng, dass die aktuellen Schlagzeilen zu China kaum jemanden unberührt lassen.

Wo Nachrichten nur einen winzigen Ausschnitt zeigen, gehen Bücher über China weiter. Sie analysieren, ordnen ein, zeigen Hintergründe auf und rufen historische Entwicklungen ins Gedächtnis. Wer sich mehr für die individuellen Schicksale der Menschen in China interessiert, wirft mit Literatur aus China einen faszinierenden Blick durchs Schlüsselloch.

Wir haben Bücher über China ausgewählt, die tiefe Einblicke in die Politik, Geschichte, Gesellschaft und Alltagsrealität des Landes ermöglichen. Dabei haben wir uns für China-Bücher entschieden, die bei Audible, in der Presse und führenden Bewertungsportalen sehr gute Rezensionen bekommen haben. Unsere Auswahl ist redaktionell unabhängig.

Fesselnde Sachbücher über China: Hightech-Land mit dunklen Seiten

Schaut man sich bei den Sachbüchern über China um, überrascht die enorme Bandbreite der Positionen. Zwischen überschwänglicher Technikbegeisterung – wie in Wolfgang Hirns "Shenzhen – Zukunft Made in China" – und scharfer Kritik – wie in "Drachentanz" von Matthias Naß – ist alles dabei. Die Debatte um die Deutungshoheit wird hitzig und manchmal polemisch geführt. Die folgende Bücher über China bemühen sich um Sachlichkeit und überlassen es den Hörenden, die Fakten zu bewerten.

Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt

Seit 2013 ist der Xi Jinping Staatspräsident der Volksrepublik China. Dennoch gilt er in Europa als "Der lächelnde Unbekannte" – so jedenfalls der Untertitel dieses kenntnisreichen Porträts von Stefan Aust und Adrian Geiges. Kein Politiker der Welt hat mehr Spitzenämter zugleich inne als der "überragende Führer", wie seine offizielle Bezeichnung in China lautet. Damit ist Xi Jinping der mächtigste Mann der Welt. Und wird es auf absehbare Zeit wohl auch bleiben. Denn die Amtszeitbegrenzung des Präsidenten ließ er 2018 aufheben.

Unter dem Vorsitz von Xi Jinping ist China zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt herangewachsen. Zugleich wurde die Massenüberwachung ausgebaut, ein auf Kontrolle ausgelegtes Sozialkredit-System eingeführt und Minderheiten unterdrückt. All das beunruhigt westliche Beobachter, die Chinas militärische und wirtschaftliche Macht fürchten. Wer wissen möchte, was den Mann an der Spitze Chinas bewegt, was er vorhat und wie er schon heute unser aller Leben beeinflusst, ist mit diesem hoch spannenden Buch über China bestens beraten.

Die lautlose Eroberung

Lange Zeit erwarteten westliche Politiker, dass China mit steigendem Wohlstand auch demokratischer und offener werden würde. Diese Annahme hat sich als Wunschgedanke entpuppt. Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) habe, laut Analyse der Autoren Clive Hamilton und Mareike Ohlberg, nicht weniger als eine Neuordnung der Welt im Blick – mit China an der Spitze. Weil das Land seine Interessen beharrlich verfolgt, ohne großes Aufheben davon zu machen, haben die beiden profilierten China-Experten ihr Buch Die lautlose Eroberung genannt.

Anhand vieler Beispiele zeigen sie auf, wie China mittels Industriespionage und gezielter Beeinflussung westliche Demokratien unterwandert. Dabei unterscheiden die Autoren penibel zwischen dem chinesischen Volk und der Partei. Mit letzterer rechnen sie schonungslos ab, haben sie die KPCh doch als den weltweit größten Feind von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten identifiziert.

Die Neuerfindung der Diktatur

Genauso kritisch betrachtet Kai Strittmatter den Aufstieg Chinas zur Weltmacht, hat sich dabei jedoch gezielt das Thema "Überwachung" vorgeknöpft. Die Neuerfindung der Diktatur heißt sein Buch, das detailliert nachzeichnet, wie Peking mithilfe von Kameras, Big Data und künstlicher Intelligenz einen Überwachungsstaat schaffen will.

Strittmatter hat 14 Jahre in Peking gelebt und dort als Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung gearbeitet. Seine Liebe zur chinesischen Kultur und den Menschen ist offensichtlich. Das hindert ihn nicht daran, mit der Kommunistischen Partei hart ins Gericht zu gehen. Sein kenntnisreiches China-Buch wurde von der Washington Post auf die "Liste der wichtigsten Sachbücher des Jahres 2020" gesetzt.

Couchsurfing in China

Stephan Orth nähert sich dem Land der Superlative ganz anders – und zwar so privat, wie es nur geht. Er ist zum Couchsurfing in China gewesen. Davon berichtet er in diesem unterhaltsamen und gleichzeitig tiefgründigen Reisebericht. Der ehemalige Spiegel-Reporter ist überzeugt: "Man kann nur vor Ort verstehen, was für eine unfassbare Entwicklung dieses Land durchmacht".

Und so reist er von Shanghai bis Xinjiang, von Macao bis Dandong, von durchorganisierten Hightech-Metropolen bis in verschlafene Dörfer. Er versucht sich als Wettkampf-Korbflechter, zockt im Casino und tritt versehentlich fast einer verbotenen Sekte bei. Und lernt dabei, dass die Träume und Wünsche der Menschen in China sich gar nicht so sehr von unseren unterscheiden.

Berichte aus Wuhan: Bücher aus China über den Ausbruch der Pandemie

Zwei der bekanntesten chinesischen Autoren waren ganz nah dran, als 2019 die Corona-Pandemie in Wuhan ausbrach. Ihre authentischen Augenzeugenberichte sind schon jetzt historische Zeitdokumente und zugleich aktuell wie nie – Stichwort Null-Covid-Strategie.

Wuhan

Liao Yiwu hat die große Hungersnot und die chinesische Kulturrevolution überlebt. Er hat vier Jahre Gefängnis, Misshandlungen und jahrzehntelange Verfolgung durch die Behörden erdulden müssen. Nichts konnte seinen Willen brechen. Der Dichter und Autor geht dorthin, wo es wehtut – und das ist im Winter 2019 Wuhan. Liao Yiwu nimmt einen Job im Krematorium an und begreift schnell: Hier sterben weit mehr Menschen, als die offiziellen Zahlen glauben machen. Als er an die Öffentlichkeit geht, wird er verhaftet.

Über diese Ereignisse berichtet der chinesische Dissident, der im Berliner Exil lebt, in seinem China-Buch Wuhan. Dabei fügt er Dokumente, Augenzeugenberichte, Zitate aus dem Netz und eine fiktive Erzählung zu einem kunstvollen Dokumentarroman zusammen. Das Ergebnis lässt einen bestürzenden Einblick in den chaotischen Pandemie-Alltag in Wuhan zu und ist zugleich voll sarkastischem Humor.

Eine unvergessliche, packende, erschütternde, wichtige Lektüre.

Bayerischer Rundfunk

Wuhan Diary

Schon im Herbst 2019, so haben es Forscher rekonstruiert, kursiert das Corona-Virus in Wuhan. Die Behörden versuchen das Ausmaß der um sich greifenden Seuche zu vertuschen. Als sie endlich reagieren, greifen sie zu drakonischen Maßnahmen: Am 23. Januar wird die Neun-Millionen-Metropole komplett von der Außenwelt abgeriegelt. Die Menschen müssen in ihren Wohnungen bleiben; orientierungslos, verängstigt und nur unzureichend versorgt.

Zwei Tage darauf beginnt die chinesische Schriftstellerin Fang Fang, deren Romane auch in Europa gelesen werden, ein Online-Tagebuch. Ihr Wuhan Diary ermöglicht Millionen Menschen einen ungefilterten Einblick in eine Stadt im Ausnahmezustand. Obwohl ihre Beiträge von der Zensur meist noch am selben Tag gelöscht werden, macht Fang Fang weiter. Sie berichtet vom Kampf gegen das Virus, von ihrer Einsamkeit und der Wut auf die Behörden, aber auch von ergreifender Solidarität unter Nachbarn.

Erzählungen, Biografien und Romane aus China

Man muss sich nicht unbedingt durch komplexe Sachbücher ackern, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, in China zu leben. Oft verstehen wir anhand eines Einzelschicksals mehr als durch die umfangreichste Abhandlung. Werft einen Blick durchs Schlüsselloch – mit diesen Biografien und Erzählungen aus China.

Land of Big Numbers

Eine Blumenhändlerin, ein Gamer, eine Callcenter-Angestellte, ein erfinderischer Bauer: Sie alle leben in China und bevölkern die Geschichten von Te-Ping Chen. Einige lehnen sich gegen die Zensur oder ungeschriebene soziale Regeln auf. Andere suchen ihr Glück oder wurschteln sich durch einen Alltag, in dem die Partei unsichtbar ist und doch alles bestimmt.

Als Land of Big Numbers, Land der großen Zahlen, bezeichnet die amerikanische Journalistin Te-Ping Chen die Heimat ihrer Vorfahren in ihrem gleichnamigen Kurzgeschichten-Band. Ihren genau beobachteten, brillant komponierten Stories scheinen zum Teil mitten aus dem Leben gegriffen zu sein. Andere kippen ins Surreale und lassen sich eher als Parabeln verstehen. Barack Obama nahm "Land of Big Numbers" 2021 mit in den Sommerurlaub. Auf Deutsch ist dieses vielfach gelobte Debüt bisher nur in gedruckter Form unter dem Titel "Ist es nicht schön hier?" erschienen.

1000 Jahre Freud und Leid

Ai Wei Wei ist der wohl weltweit bekannteste Künstler aus China. Weil er sich im Laufe der Jahre immer stärker für die Menschenrechte einsetze, sperrte das Regime ihn 2011 monatelang ein. In seiner Zelle beschloss er, seine Erinnerungen aufzuschreiben. Doch um sein eigenes Leben geht es zunächst gar nicht in Ai Wei Weis bild- und anekdotenreicher Biografie 1000 Jahre Freud und Leid.

Die Hälfte des Buches widmet er dem Leben seines Vaters Ai Qing, der unter Mao in Ungnade fiel und in ein Lager verbannt wurde. Den Sohn nahm er mit. So wuchs Ai Wei Wei in einem Erdloch in Xinjiang auf, auch bekannt als "Klein-Sibirien". Wie es ihm gelang, sich aus dieser bedrückenden Lage zu befreien, wie er nach Amerika ging und zum internationalen Star der Kunstszene aufstieg – das erzählt der Ausnahme-Künstler in seinem klug reflektierenden und sehr persönlichen Buch aus China.

Preisgekrönt: Besondere Romane aus China

Aus der unüberschaubaren Menge an lesenswerter Literatur aus China haben wir die bekanntesten Bücher zweier chinesischer Nobelpreisträger herausgepickt. In einem davon wird es um das schwierige Thema Abtreibung gehen. Außerdem empfehlen wir euch das neuste Buch eines gefeierten chinesischen Sci-Fi-Autors.

Frösche

Die junge Hebamme Gugu soll in der Provinz Shangdong dafür sorgen, dass die Ein-Kind-Politik der Regierung durchgesetzt wird – durch Abtreibungen und Zwangssterilisierungen. Sie tut es mit großem Elan und aus Überzeugung. Doch in der ländlichen, patriarchalisch geprägten Gegend zählt ein Sohn mehr als eine Tochter. Darum sind es vor allem weibliche Föten, die Mitte der 1960er-Jahre abgetrieben werden. Als immer mehr Mütter bei den erzwungenen Abbrüchen ihr Leben verlieren, wird Gugu von der Bevölkerung angefeindet. Sie setzt die Parteilinie nur umso brutaler durch. Bis ihr Gewissen sie einholt.

Der autobiografisch geprägte Roman Frösche ist aus der Sicht von Gugus Neffen erzählt, dem Alter Ego des Literaturnobelpreisträgers Mo Yan. Als Vorbild für seine Protagonistin diente seine eigene Tante. In anfangs noch humorvollem, später ernstem Ton spannt der Roman einen großen historischen Bogen von der Zeit der japanischen Besatzung über die Kulturrevolution bis zu den Nullerjahren. Zugleich ist er eine schmerzvolle Gewissenserkundung, die nach der Schuld des Einzelnen fragt.

Die Erörterung heikler Themen führt zumeist am schnellsten an den Ort der menschlichen Seele, der den wahren Charakter eines Menschen zeigt.

Mo Yan

Die gute Erde

Der Bauer Wang Lung und sein alter Vater leben von dem wenigen, dass ihr karges Stückchen Land abwirft. Da er so arm ist, muss Wang Lung sich mit der Sklavin einer angesehenen Familie als Ehefrau begnügen. Das Paar arbeitet hart, doch Dürre und Überschwemmungen machen die Ernte mehrfach zunichte. Dennoch vertraut Wang Lung stets auf seine "gute Erde". Tatsächlich gelingt der Familie durch Glück, Fleiß und Sparsamkeit der soziale Aufstieg.

Die US-amerikanische Schriftstellerin Pearl S. Buck war die Tochter eines Missionars und wuchs in China auf. Ihr epischer, farbenprächtiger Roman Die gute Erde spielt zu Anfang des 20. Jahrhunderts und umfasst die Zeit der Xinhai-Revolution und des anschließenden Bürgerkriegs. Dabei beschreibt die Autorin anschaulich die chinesische Gesellschaft und geht dabei besonders auf die Situation der Frauen ein. 

Das Buch erschien erstmals 1931, avancierte in Amerika zum meistgelesenen Roman des Jahres und wurde mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. 1938 bekam Pearl S. Buck den Nobelpreis verliehen – für viele überraschend, da etablierte Autoren ihr Werk als zu trivial empfanden. Heute werden ihre realistischen Schilderungen als wichtiger Beitrag zum Verständnis der kulturellen Geschichte Chinas gewürdigt.

Spiegel

Song Cheng ist einem Korruptionsskandal auf der Spur – da wird der junge Beamte ohne Vorwarnung ins Gefängnis geworfen. Dort weckt ein rätselhafter Mitinsasse sein Interesse: Bai scheint buchstäblich alles zu wissen. Song findet heraus, dass Bai einen Superstring-Computer besitzt, der das Universum deterministisch exakt berechnen kann. Doch welche Konsequenzen hat das für die Menschheit und den Einzelnen?

Seit seinem Weltbestseller "Die drei Sonnen" gilt der chinesische Science-Fiction-Autor Cixin Liu als visionärster Vertreter seiner Zunft. Seine kurze, aber vielschichtige Novelle Spiegel lädt zu einem spannenden Gedankenexperiment ein.

Mit diesen Büchern China verstehen lernen

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