Frankenstein

Eine stürmische Gewitternacht: Woher kommt aber das Monster? Einigermaßen schauerromantisch verklärt ist sein Ursprung: Belegt ist, dass die noch neunzehnjährige Mary Shelley 1816 beginnt, die Geschichte in der Villa Diodati, dem Wohnsitz des berühmten Dichters Lord Byron am Genfer See, aufzuschreiben. Auf dem Anwesen sind auch Byrons Leibarzt John William Polidori und der romantische Dichter Percy Bysshe Shelley – Marys zukünftiger Ehemann. Ob es dann eine stürmische Gewitternacht war und ob und wie viel Alkohol und andere Drogen mit im Spiel waren, bleibt Sache der Spekulation. Eine sehr fantasievolle Umsetzung dieser Nacht gibt es in Ken Russells Film Gothic (1986) zu sehen. Jedenfalls – um die Geschichte abzuschließen – kommt es zu einem Wettbewerb der Dichter, wer denn wohl die schauerlichste Geschichte schreiben würde. Im Jahr 1818 erscheint dann der Roman Frankenstein; or, The Modern Prometheus.

Auftritt: Boris Karloff

Filmblut aus Großbritannien

Eine Neuauflage des klassischen Monsterrezepts gibt es in den 1950er bis 1970er Jahren – und zwar in den britischen Hammer Studios. Hier kehren Monster wie Vampir, Werwolf oder Mumie zurück: und zwar in Farbe! So fließt in Terence Fishers Film The Curse of Frankenstein (1957) zum allerersten Mal das Blut in grellem Technicolor-Rot über die Kinoleinwand und wird damit zur Urszene allen blutigen Kino-Horrors.

Die parodistischen 70er Jahre

Was passiert danach? In den 1970er Jahren stechen vor allem zwei eher parodistische Filme hervor – Paul Morrisseys farbenfroher 3D-Splatterfilm Andy Warhols Frankenstein (1973) und Mel Brooks in schwarzweiß gedrehter Young Frankenstein (1974). Ein youtube-Anspieltipp: Um die Dorfbevölkerung zu beruhigen, führen Frankenstein und sein Geschöpf eine Gesangs- und Tanznummer auf – und zwar zu Irving Berlins bekanntem Schlager „Puttin‘ on the Ritz“!

Und heute? Frankenstein kommt auf den Hund

Nach Kenneth Branaghs Versuch, mit Mary Shelley’s Frankenstein (1994) sich wieder der Romanvorlage zu nähern, geht es in Tim Burtons Stop-Motion-Film Frankenweenie (2012) auffällig wieder um die Filmgeschichte. Der Film ist sichtlich eine Hommage an die 1931er-Version: allerdings ist Victor Frankenstein hier ein kleiner Junge, der seinen getöteten Hund Sparky wiederbeleben möchte – mit absehbar katastrophalen Folgen…

Das Geheimnis des Erfolges

Abschließend stellt sich natürlich die Frage: Was macht die fast 200 Jahre alte Frankenstein-Geschichte bis heute so erfolgreich? Das Erfolgsrezept des Vampirs zum Beispiel ist leicht zu durchschauen – es ist die Verbindung von Sex und Tod. Die Faszination an Frankenstein ist dagegen viel intellektueller: es geht um die Grenze zwischen Leben und Tod, um göttliche und menschliche Schöpfungsmacht und Verantwortung und um die Geschichte über den ultimativen Außenseiter. Denn mal ehrlich: Wer kann sich schon mit dem Monster identifizieren?

Sind es also die Themen des Romans, die uns heute noch beschäftigen? Oder doch eher die zahlreichen Verfilmungen? In Sachen Hörbücher gibt es wirklich nur eine gekürzte Fassung des Horror-Klassikers in unserem Sortiment. Was macht eurer Meinung nach Frankenstein zu etwas ganz Besonderem?

Dieser Beitrag kommt von unserem Gastautor Dr. Arno Meteling - Literatur- und Medienwissenschaftler in Köln.