Michael Bartlewski: Edward Snowden steht vor deiner Haustür

Es ist der 9. Juni 2013. Edward Snowden hat gerade sein berühmtes Interview in einem Hotelzimmer in Hongkong gegeben und weiß: sehr bald wird er auf allen Titelseiten zu sehen sein, alle werden ihn jagen: Geheimdienste, Strafbehörden, Journalisten. Snowden muss also weg aus dem Hotelzimmer, untertauchen, jetzt sofort, aber nur wohin? Sein Anwalt hat eine verrückte Idee: Wir verstecken ihn dort, wo ihn niemals jemand vermuten wird. Bei Geflüchteten, die in Hongkong unter sehr schwierigen Bedingungen leben.

Und so gelangt Edward Snowden in das Leben von Vanessa Rodel. Als sie die Tür zu ihrer Wohnung aufmacht und er da nachts in kurzen Hosen vor ihr steht, weiß sie noch gar nicht, wer das ist. Aber sie spürt: Es ist jemand, der Schutz braucht - so wie sie, als sie vor mehr als zehn Jahren nach Hongkong geflüchtet ist. Vanessa ist sofort bereit ihm zu helfen, ihn sogar bei sich wohnen zu lassen. Aber diese Entscheidung wird drei Jahre später extreme Folgen für sie haben, als nämlich bekannt wird, dass Vanessa und drei weitere Geflüchtete Snowden bei seiner Flucht unterstützt haben.

Vanessa wird die staatliche Unterstützung gestrichen, sie muss täglich um ihr Überleben kämpfen, und droht sogar die Abschiebung zurück auf die Philippinen. Und das alles, weil Vanessa sich in einem Moment entschieden hat, einfach nur zu helfen. Aber die Geschichte hat ein Happy End. Im März 2019 landet Vanessa mit ihrer siebenjährigen Tochter in Kanada - ihr wird dort Asyl gewährt. Dank der unermüdlichen Arbeit ihres Anwalts Robert Tibbo. Und auch Edward Snowden hat sie nie vergessen. “Ich würde es wieder tun,” sagt Vanessa heute. Jetzt hofft sie nur, dass auch den drei anderen Geflüchteten geholfen wird.

(Zu hören gibt es diese Geschichte in der 16. Episode der ersten Staffel.)

Anna Bühler: Wenn ein Trip fast der letzte war

Wahrscheinlich wird der Name Sabine Bundschu nicht vielen direkt etwas sagen. Ihre Stimme aber, die kennt man. Sabine Bundschu ist nicht nur die Stimme des berühmten “Exquisa”-Frischkäse Jingles, sie wurde auch schon zur “Miss Navi” gekürt und macht seit mehr als 20 Jahren die Ansagen in den Bussen und Bahnen der Münchner Verkehrsgesellschaft. Die wenigsten aber kennen die Geschichte der Musikerin und Schauspielerin.

Der Moment, der ihr Leben verändert ist im Frühjahr 2014. Sie besucht eine Freundin in Amsterdam, gemeinsam nehmen sie 4-FMP - Ein Fluoramphetamin. Ob sie die Droge in Form einer Tablette oder tröpfchenweise genommen hat, weiß Sabine Bundschu nicht mehr - alle Erinnerungen an diesen Tag sind weg. Amnesie. Nur daran erinnert sie sich: In ihrem Rausch hat sie unendlich Panik, denn sie merkt, dass etwas nicht stimmt.

An diesem Tag erleidet sie ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom, das sind Krämpfe im Gehirn. Mehr als 55 Stunden liegt sie so in der Wohnung ihrer damaligen Freundin, bis ihr geholfen wird.

Sabine Bundschu ist natürlich nicht zufällig in diese Situation in Amsterdam geraten. Sie war lange Jahre Teil einer Gemeinschaft, die für sogenannte Psycholytische Psychotherapie auch mit Drogen experimentiert hat. Der Rausch in Amsterdam war nicht ihr erster mit Leuten aus dieser Gruppe - ganz bestimmt aber ihr letzter.

(Zu hören gibt’s diese Geschichte in der 12. Episode der ersten Staffel.)

Markus Otto Köbnik: Gegen die Raucherlobby

An den meisten Orten in Deutschland ist es heute normal, dass man in Kneipen und Restaurants nicht mehr rauchen darf. Ich persönlich finde das auch voll gut so, denn so stinken meine Klamotten nicht mehr so arg nach Rauch. Und beim Essen finde ich es auch angenehmer. Das Bundesland Bayern hat sein Gesetz zum Nichtraucherschutz übrigens Sebastian Frankenberger zu verdanken. Er war es, der 2009 mit der seiner damaligen Partei, der ÖDP, in Bayern ein erfolgreiche Volksbegehren mit dem Namen “Für echten Nichtraucherschutz” initiiert hat.

Sebastian Frankenberger hat damals für sein Ziel bis zur Erschöpfung gearbeitet und sich nahezu in allen Medien als Gesicht der Kampagne präsentiert. Der Jungpolitiker mit den langen Haaren wird in dieser Zeit immer bekannter, nicht nur im Süden der Republik. Doch mit seinem Engagement hat er sich nicht nur Freunde gemacht.

Bei unserem Interview hat er sich ganz genau an den Moment erinnert, an dem sich alles verändert hat. Ein paar Tage nach dem Start seiner Kampagne erhält er einen Drohbrief, der ganz unverblümt auf seinen baldigen Tod anspielt. Und dabei bleibt es nicht: Er findet Zigarettenkippen auf seinem Auto und in seinem Briefkasten. Unbekannte bestellen unter seinem Namen Zeitungsabos oder Sexspielzeug. Jemand ordert sogar einen Treppenlift auf seinen Namen. Bis heute wird er beschimpft und bedroht. Ohne Pfefferspray geht er nicht mehr aus dem Haus. Große Volksfeste wie das Oktoberfest in München oder die Passauer Dult sind mittlerweile No-Go-Areas für ihn. Doch er würde alles genauso wieder machen.

( Zu hören gibt es diese Geschichte in der 3. Episoder der zweiten Staffel.)

Elisabeth Veh: Der Vater aus dem Koffer

Jolyne, genannt Schlien, ist eine Kollegin von uns. Und eines Tages haben wir alle diesen Facebook-Post von ihr gesehen: Da schreibt sie, wie sie ihren kleinen Bruder getroffen hat - genau genommen kennengelernt, zum allerersten Mal, mit Mitte 30 - nachdem sie ihn erst jahrelang gesucht hatte und schließlich, auch bei Facebook, gefunden hat. Schlien war wahnsinnig glücklich, wir waren wahnsinnig gerührt, und als wir sie fragten, ob sie uns ihre Familiengeschichte für “Der Moment” erzählen möchte ahnten wir nicht, dass da noch viel mehr dahinter steckt. Noch mehr verlorene Menschen, die wiedergefunden werden wollten, noch mehr Sehnsucht, noch mehr Liebe.

Schlien hat ihren leiblichen Vater nie kennengelernt. Die Eltern hatten sich getrennt als sie noch ein Baby war. Aber zuhause gab es diesen Koffer, voller Erinnerungsstücke an ihn. Alte Fotos, alte Briefe, ein paar Dinge die ihm gehörten und die in dem Koffer wohnten wie in einem Museum. Es gab keinen Kontakt mehr zwischen dem Vater und der Familie, aber Schlien wünschte sich nichts sehnlicher. Also hütete sie den Koffer wie einen Schatz. Und als sie sieben Jahre alt war, da begann sie ihren Vater zu suchen.

Die Folge “Der Vater aus dem Koffer” erzählt von dieser Suche, und sie führt uns in das wilde München der 70er (Schliens Vater war Musiker), später landen wir in Großbritannien (er war gebürtiger Brite), alles dank Schliens unerschütterlichem Willen, ihre Wurzeln zu finden. Und einem Recherchearsenal, das sich sehen lassen kann, vom Netz bis zur Telefonbuch-CD. Mit Hilfe von Letzterer wird Schlien auf ihrer Suche einen Moment erleben, der alles verändert.

(Zu hören gibt es diese Geschichte in der 15. Episode der ersten Staffel.)

Christian Alt: Drogen für Gott

Ganz ehrlich: Ich bin ein ziemlicher Schisser. Das aufregendste, was ich so im Alltag mache, ist im Dunkeln den Müll rausbringen. Deswegen bin ich immer total froh, wenn ich Menschen wie Mike Young treffen kann. Menschen, die sich Dinge trauen, die ich nicht machen würde. Mike Young war Karfreitag 1962 Teil des Marsh-Chapel-Experiments. Der Psychiater und Religionsforscher Walter Pahnke wollte damals herausfinden, ob psychedelische Drogen religiöse Gefühle hervorbringen können.

Dafür steckte er 20 Studenten in den Keller besagter Marsh Chapel auf dem Campus der Boston University. Während oben die Karfreitagsmesse abgehalten wurde, nahmen 10 Studenten Psilocybin - also den Wirkstoff von Magic Mushrooms - und die anderen bekamen einen Placebo. Mike Young gehörte zu der ersten Gruppe… und hatte den Trip seines Lebens. Alles verschwamm, er wusste plötzlich nicht mehr, wo er aufhört und die Menschen um ihn herum anfangen. Und am Höhepunkt seiner Erfahrung ist er gestorben. Zumindest fühlte es sich für ihn so an. Auch heute sagt Mike Young noch, dass das der Tag war, an dem sein Ego gestorben ist. Der Teil seines Ichs, der selbstbezogen, leicht kränkbar und eitel ist.

Auch wenn ich wahrscheinlich nie Magic Mushrooms nehmen werde: Mike hat seine Geschichte so eindrücklich erzählt, dass es mir fast so vorgekommen ist, als wäre ich dabei gewesen.

(Zu hören gibt es diese Geschichte in der 3. Episode der dritten Staffel.)

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