"Blutskönigin" und "Blutsherrschaft" spielen ein paar Jahre nach der ursprünglichen Trilogie. Beliebte Figuren wie Daemon, Jaenelle & Co. tauchen als Nebencharaktere auf. Im Mittelpunkt steht jedoch ein neues Figurenensemble, allen voran die unscheinbare Cassidy: eine Königin ohne Hofstaat, eine Ausgestoßene.

Cassidy ist nicht schön, magisch nicht besonders begabt und nicht selbstbewusst. Der Hofstaat, dem sie einst vorstandt, hat sie für eine charismatischere, laszivere Königin verlassen und so die junge Frau in eine Krise gestürzt. Bis Jaenelle sie dazu auserwählt, über das Territorium Dena Nehele zu herrschen – über einen neuen Hofstaat, der nichts von ihr hält und sie nicht bei sich haben will. Doch in Cassidy steckt mehr, als sie selbst zunächst ahnt ...

Die Welt der Schwarzen Juwelen

In ihren Romanen verknüpft Bishop Fantasy, Liebesgeschichte, Gothic- und Horror-Elemente zu einem epischen Melodram über eine Welt, in der Frauen die Zügel der Macht in den Händen halten. Elegante, selbstbewusste Magierinnen, die als sogenannte Hexenköniginnen und Schwarze Witwen in Burgen und Schlössern leben. Ihr Hofstaat besteht aus weniger mächtigen, aber ihnen treu ergebenen Hexen sowie männliche Magiekundige, die ihren Herrinnen dienen und sie beschützen.

Der Grad ihrer aller Macht lässt sich jeweils an der Farbe der Juwelen bestimmen, die ihnen unbekannte Mächte bereits bei Geburt in die Wiege legen. Je dunkler ein Juwel, desto mehr Macht besitzt ihr Besitzer. Gemeinsam halten sie über die matriarchalisch geprägte Welt ihre schützende Hand und sorgen für die nicht magiebegabten Menschen – oder sollten das zumindest tun.

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Kampf der Hexen

Denn zu Beginn des Romanzyklus herrscht die grausame Hexenkönigin Dorothea über das Reich Terreille. Unter ihrer Führung wurde der Kodex der Herrscherkaste pervertiert: gewöhnliche Sterbliche werden ausgebeutet und grausam gequält, die magiebegabten Männer unterdrückt und als Lustsklaven gehalten. Seit Jahrhunderten blutet das Land aus.

Eine Prophezeiung bringt Hoffnung. Sie kündet von der Ankunft einer besonderen Hexe: der mächtigsten ihrer Art, Trägerin der Schwarzen Juwelen, die der Schreckensherrschaft von Dorothea und ihren Anhängerinnen ein Ende bereiten wird. Als Daemon Sadi, Lucivar Yaslana und Saetan SaDiablo, drei mächtige Kriegerprinzen, der prophezeiten Heilsbringerin das erste Mal begegnen, sind sie fassungslos: Jaenelle ist nur ein kleines, unschuldiges Mädchen, das mit der unglaublichen Macht, die sie erfüllt, noch nicht wirklich umgehen kann. Den drei Männern ist klar, dass sie Jaenelles Existenz um jeden Preis vor Dorothea geheim halten müssen. Denn nur als erwachsene Frau hat diese Hexe eine Chance, ihre Feinde zu besiegen und das Land zu läutern. Und Dorothea ist jedes Mittel Recht, das zu vereiteln …

Traum oder Alptraum

In Die Schwarzen Juwelen sind die Frauen sinnlich und mächtig, die Männer kraftstrotzende, extrem gut aussehende Kerle, die sich, hat eine Frau einmal ihr Herz erobert, auch von einer ganz zahmen, überfürsorglichen Seite zeigen. Damit bedient Anne Bishop das klassische Konzept so mancher Nackenbeißer.

Gleichzeitig geht es in den Romanen aber auch unglaublich rau zur Sache: Rebellen werden brutal gefoltert, Männer mit „dem Ring des Gehorsams“ versklavt und junge Mädchen vergewaltigt – das ist harter Tobak, nichts für Zartbesaitete und überschreitet so manches Mal die Grenze des guten Geschmackes. Dennoch übt die dramatische, dunkle Geschichte dank des Erzähltalents der Autorin eine hypnotische Wirkung auf die Hörer aus. Das Magiekonzept ist ungewöhnlich und gut ausgearbeitet, der Weltenbau kompliziert, aber spannend: Es gibt mehrere Reiche, die miteinander verbunden, aber nicht in der gleichen Dimensionsebene zu liegen scheinen. Im Schattenreich leben unter anderem die Dämonentoten, Wesen, die Züge von Geistern, Vampiren und gewöhnlichen Menschen in sich vereinen. Das ist Fantasy, wie man sie sonst nicht kennt, mit Charakteren, die zwar manchmal etwas überspitzt sind, aber extrem lebendig. Anne Bishop verurteilt zudem die Gräueltaten, die sie beschreibt, und schickt ihrer gequälten Welt eine Erlöserin.

In den späteren Bänden der Reihe wird der Ton deutlich zahmer, heller und spielerischer. Dunkelheit, Dämmerung und Schatten – die ersten drei Teile – bilden eine in sich abgeschlossene Geschichte. Sie erzählen von der Ankunft Jaenelles und ihrem Kampf mit Dorothea und ihren grausamen Schwestern. Freundschaft, Liebe, Humor und die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens spielen in der Trilogie allerdings ebenfalls sehr große Rollen.

Spukhaus und Kurzgeschichten

Zwielicht, ist eine Kurzgeschichtensammlung, in der die Autorin verschiedene Themen und Figuren der ursprünglichen Trilogie noch einmal aufgreift.

Nacht ist ein Sequel zur Trilogie, in dem eine Nebenfigur der ursprünglichen Saga in den Fokus rückt: Surreal, eine Freundin Jaenelles, wird in einem Spukhaus gefangen – eine Idee, die Anne Bishop überraschend überzeugend in einem High Fantasy-Setting integriert. (Eine ausführliche Rezension zu diesem Band findet ihr hier.

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Für sich stehendes Prequel

Finsternis spielt hingegen Jahrhunderte vor den anderen Büchern: Nachdem der junge Krieger Jared, der am Hof einer Hexe als Sexobjekt herhalten musste, seine grausame Herrin ermordete, wird er auf dem Sklavenmarkt feilgeboten. Dort erwirbt ihn die berüchtigte Graue Lady, von deren Hof niemand jemals zurückgekehrt ist. Auf der Reise in deren Heimatland erkennt Jared aber, dass hinter Gerüchten manchmal ganz andere Wahrheiten stecken, als es zunächst scheint.

Sprecher je nach Stimmung

Die ursprüngliche Trilogie wird von Sascha Rotermund eingelesen. Mit Band 4 gibt er den Staffelstab weiter an Gabriele Blum. Da der Ton der Bücher sich merklich ändert, heller und zuckriger wird, fällt der Wechsel nicht negativ auf, sondern sogar eher positiv. Die Änderung der Atmosphäre spiegelt sich sowohl in ihrer beider unterschiedlichen Stimmen, als auch in ihrer Art zu Lesen wider.

Fantasyfans, die auf der Suche nach etwas ganz anderem sind, sollten der Saga um die Schwarzen Juwelen eine Chance geben. Wer es nicht ganz so heftig mag, für den eignet sich sicher gerade der Zweiteiler "Blutskönigin" und "Blutsherrschaft". Dem, was man in Anne Bishops Geschichten findet, ist man so noch nicht begegnet: Dark Fantasy, mit Gespür inszeniert.