Was ist Nature Writing?

Prägend für das Nature Writing ist der wissenschaftliche Ausgangspunkt, der philosophische Betrachtungen nach sich zieht. In der Regel als Ich-Erzählung verfasst, münden die Beobachtungen des Schreibers in persönliche Erkenntnisse. Geboren aus den naturhistorischen Werken des 18./19. Jahrhunderts von z.B. Charles Darwin, bietet das moderne Nature Writing über die Betrachtung der Natur Einblick in die Natur des Menschen selbst. Als Gründervater des Genres gilt der amerikanische Naturalist Henry David Thoreau.

Die Autorin Helen Macdonald tut es auf ziemlich ungewöhnliche Weise: Sie kauft sich einen wilden Habicht, um ihn zu zähmen und zu trainieren.

Der Tod des Vaters als Zäsur

Als der Vater von Helen Macdonald stirbt, reisst es ihr den Boden unter den Füßen weg. Die englische Autorin versinkt in tiefer Trauer. Ihren Instinkten folgend, zieht die ausgebildete Falknerin sich ins ländliche Cambridge zurück, im Gepäck einen außergewöhnlichen Gefährten: ein wildes Habichtweibchen namens 'Mabel'.

Im Fokus: Trauer und Greifvögel

Damit ist der Fokus von H is for Hawk (Englische Ausgabe) gesetzt: Es geht um Trauer. Es geht vor allem um das Training eines Raubvogels. Minutiös beschreibt Macdonald ihre Zeit mit Mabel. Das hört sich nüchtern an, ist es aber nicht: Von Fachwissen geprägt, wohnt Macdonalds Bericht andererseits eine natürliche Poesie inne. Ihre Sprache ist nicht abstrakt, sondern ganz nah am Objekt, wie ein gestochen scharfes Foto in satten Farben. So stockt einem beim erste "Anblick" von Mabel, diesem von Kraft, Wildheit und Schönheit bestimmten Wesen, förmlich der Atem.

Der Genre sprengende Mix aus Memoiren, Sachbuch und autobiografischen Roman ist ein Sternstück des schon lange existierenden und gerade wieder aus dem Dornröschenschlaf erwachenden Nature Writing.

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Parallelgeschichte: T.H. White und sein Habicht

Mensch und Tier. Der Mensch als Tier

Bei Helen Macdonald kommt es zu einer Verschmelzung mit dem Objekt ihrer Studien. Zurückgezogen von anderen Menschen und konzentriert auf ihren Habicht, entwickelt Macdonald selbst animalistische Züge. Die Grenzen zwischen Tier und Mensch verschwimmen. Leben und Tod, Sterben und Töten werden zu rohen Erfahrungsbausteinen aus der Vogelperspektive.

Persönlich: die Autorin liest selbst

Dass Helen Macdonald das englische Hörbuch selbst spricht, zoomt den Hörer noch dichter heran an diese sehr intime Erfahrung. Ruhig, nachdenklich, eindringlicht vorgelesen, hinterlässt die Ich-Erzählung tiefe Spuren. Am Ende stellt sich die Frage, wie heilsam oder gefährlich die Rückbesinnung auf die Natur ist. Und ob es außer einem wilden Tier nicht vielleicht auch Menschen braucht, um ins Leben zurück zu finden.

Wilde Faszination: Die neue Tierliebe, Bücher über Tiere

Noch mehr Nature Writing:

Von der Beschreibung unberührter Natur bis zur Sehnsucht nach der Natur in unserer modernen, urbanen Welt - hier ist eine Auswahl klassischer und aktueller Hörbücher aus dem Nature Writing Genre.

Die Letzten ihrer Art

Nach der "Geschichte der Bienen" der neue Bestseller von Maja Lunde.

Vom St. Petersburg der Zarenzeit über das Deutschland des Zweiten Weltkriegs bis in ein Norwegen der nahen Zukunft erzählt Maja Lunde von drei Familien, dem Schicksal einer seltenen Pferderasse und vom Kampf gegen das Aussterben der Arten. Wie verändert sich das Ganze, wenn ein Teil verschwindet? Ein bewegender, großer Roman über Freiheit und Verantwortung, die große Gemeinschaft der Lebewesen und die alles entscheidende Frage: Reicht ein Menschenleben, um die Welt für alle zu verändern?
 

Der Gesang der Flusskrebse

Die Geschichte einer eigenwilligen Außenseiterin - einfühlsam und packend gelesen von Luise Helm.

In den 1960er-Jahren schwirren viele Gerüchte über Kya Clark durch die ruhige Küstenstadt Barkley Cove. Isoliert lebt sie im Marschland mit seinen Salzwiesen, Sandbänken, Buchten. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Zwei junge Männer werden auf die wilde Schöne aufmerksam, und Kya öffnet sich einem neuen Leben - mit dramatischen Folgen. Als einer der beiden tot aufgefunden wird, sind sich die Bewohner sicher: Das "Marschmädchen" ist schuld. Delia Owens erzählt intensiv und atmosphärisch davon, dass wir für immer die Kinder bleiben, die wir einmal waren. Und den Geheimnissen und der Gewalt der Natur nichts entgegensetzen können.

Das Evangelium der Aale

Nie in seiner Kindheit war Patrik Svensson seinem Vater so nah wie beim Aalfischen. Als Erwachsener stellt er fest: Der Erinnerung an seinen Vater kommt er nicht auf die Spur, ohne nach dem Fisch zu suchen, der sie miteinander verband - und über den wir bis heute erstaunlich wenig wissen. Poetisch und spannend entwirft Svensson eine Natur- und Kulturgeschichte der Aale und verbindet sie mit seiner persönlichen Geschichte. Er schreibt über das oft sprachlose Verhältnis zu seinem Vater. Über Leben und Sterben, über die Natur und den Drang zu wissen. Und über einen unergründlichen Fisch, der in all dem präsent ist - den Aal.

Die Geschichte der Bienen

Von Bienen und Menschen.

England, 1852: William, Biologe, Samenhändler und Vater von acht Kindern, verlässt seit Wochen das Bett nicht. Das Geschäft liegt brach. Doch eine Idee könnte alles verändern: ein völlig neuartiger Bienenstock.

Ohio, 2007: Der Imker George arbeitet hart für seinen Traum. Der Hof soll größer werden, sein Sohn Tom eines Tages übernehmen. Der aber träumt vom Journalismus. Plötzlich geschieht das Unglaubliche: Die Bienen verschwinden.

China, 2098: Die Arbeiterin Tao bestäubt von Hand Bäume, denn Bienen gibt es längst nicht mehr. Mehr als alles andere wünscht sie sich ein besseres Leben für ihren Sohn. Doch dann steht alles auf dem Spiel: das Leben ihres Kindes und die Zukunft der Menschheit.

Ein hellsichtiger Roman darüber, wie alles mit allem zusammenhängt: Verlust und Hoffnung, das Schicksal der Generationen, die Geschichte der Bienen und die Geschichte der Menschen.

Nature Writing in der englisch-amerikanischen Literatur

Walden

My First Summer In The Sierra

Desert Solitaire

The Wolf Border

Wild

Mehr Natur-Romane: Klimawandel

Artensterben, Trinkwasserknappheit, Krankheiten – die Romane zum Klimawandel entwickeln warnende Szenarien über die literarische Naturerfoschung hinaus.

Hier die besten Romane zum Klimawandel: Climate Fiction