J.K. Rowling hatte - eigenen Angaben zu Folge - die ganze Geschichte schon im Kopf, sie aber noch nicht zu Papier gebracht. Mitglieder der ersten Harry-Potter-Generation fieberten dem Tag der nächsten Veröffentlichung mehr entgegen als Weihnachten, dem eigenen Geburtstag oder den Sommerferien. Wir standen um vier Uhr morgens nicht vor dem Apple Store, wir standen vor Buchgeschäften Schlange und haben auf den nächste Band gewartet. Viele von uns waren außerdem immer ungefähr so alt wie Harry selbst und sind mit dem Zauberlehrling groß geworden.

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Harry-Potter-Generation und ein Schachbrett

Ich war ungefähr 13 Jahre alt, als ich Harry Potter kennenlernte. Meine zwei Jahre jüngere Schwester Lara hatte den ersten Band gerade zu Ende gelesen, mir das Buch in die Hand gedrückt und gesagt: „Das musst du unbedingt sofort lesen!“

Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, um was es in der Geschichte überhaupt ging. Zauberei und Magie fand ich mit 13 nicht unbedingt cool und Lara hatte das Buch eh nur gekauft, weil auf dem Cover ein Schachbrett abgebildet war und sie gerade in einer Schachspiel-Phase steckte. Mit 13 nimmt man außerdem nicht jeden Tipp der kleineren Schwester an.

Ich ließ mir also Zeit, las erst ein paar andere Bücher zu Ende und beantwortete die wiederkehrende Frage „Hast du jetzt endlich mit Harry Potter angefangen?“ ein paar Mal mit „Noch nicht.“ Lara hatte mittlerweile in weniger als einer Woche die folgenden zwei Bände gelesen und war nun auf Entzug. Sie wusste nicht, was sie als nächstes lesen sollte und fand die Vorstellung bis zum nächsten Herbst auf Band 4 warten zu müssen, unerträglich. Sie beneidete mich darum, dass ich die Erfahrung der ersten drei Bände noch vor mir hatte.

Im Bann von Harry Potter

Ich fing also an zu lesen. Es tut mir Leid, J.K. Rowling, aber die ersten 100 Seiten waren nicht so meins. Der Anfang von Harry Potter hat mich nicht direkt gefesselt. Allerdings war ich schon immer eine echte Leseratte, ich liebte dicke Bücher und ich wollte wissen, was meine kleine Schwester so fasziniert hatte.

Ich weiß nicht auf welchen Buchseiten der Wendepunkt lag, vielleicht war es Gleis 9 ¾ oder die Ankunft in Hogwarts, jedenfalls war auch ich bald gefangen in der Zauberwelt von Harry, Ron und Hermine. Oh, und ich wollte nicht mehr zurück. Ich wollte weiterlesen, wollte noch mehr Zeit an diesem phantastischen Ort verbringen, meinetwegen einfach nur Alltagsgeschichten aus Hogwarts miterleben, egal was, Hauptsache mehr davon.

Wie vermutlich die meisten Fans wünschten Lara und ich uns so sehr, dass diese Zauberwelt wirklich existierte. Dass es tatsächlich eine magische Parallelwelt gibt, in der Hexen und Zauberer auf Besen reiten, Quidditch spielen und Zaubersprüche lernen.

Ein Buch für zwei Schwestern

Am 14. Oktober 2000 erschien Harry Potter und der Feuerkelch und wir hatten ein Problem. Unsere Eltern fanden nämlich, dass es Quatsch sei das Buch zwei Mal zu kaufen. Wir bekamen eine Ausgabe und da Lara die Serie entdeckt hatte, durfte sie es zuerst lesen. Dieses Mal war ich diejenige, die mit Fragen nervte: „Hast du Harry Potter endlich durch? Wann kann ich das Buch haben? Lies mal schneller!“

Vor dem Erscheinen von Band 4 entstand der Harry-Potter-Hype. Plötzlich kannte ihn jeder. Sogar Freunde und Mitschüler, die lesen hassten, lasen plötzlich die dicken Bücher. Ich war zunächst erstaunt. Dass ein Buch, das ich gut fand, in aller Munde war, kannte ich bis dato nicht. Es gab Harry Potter Nächte in Buchgeschäften, für die man sich verkleidete und ich erlebte das erste Mal, was es bedeutet, gemeinsam Fan von etwas zu sein. Dann störte mich der Hype. Menschen, die die Bücher nicht gelesen hatten, nervten mich mit ihrer Meinung und eigentlich war Lesen für mich immer eine Beschäftigung gewesen, der ich allein nachging. Ich hatte meine Vorstellung von der Zauberwelt, in die ich alleine flüchten wollte. In den Köpfen der anderen sah diese anders aus und ich war es bald satt, darüber zu diskutieren. Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich nie ein großer Fan der Harry Potter Filme geworden bin. Auch wenn die Verfilmungen sehr gelungen sind, können sie meiner Meinung nach den Büchern und der Welt in meinem Kopf nicht das Wasser reichen.

Auf Englisch

Am 23. Juni 2003 war ich 16 Jahre alt und Englisch war eins meiner Lieblingsfächer. Also wartete ich dieses Mal nicht auf die deutsche Ausgabe von Harry Potter and the Order of the Phoenix. Ich las die 766 Seiten auf Englisch, lernte dabei Wörter wie wand, goblet und spell und wusste vor allen anderen wie es weiterging. Vor allem zwischen mir und meiner Schwester hatte sich das Blatt gewendet. Manchmal sagte ich Dinge wie „Geh du mit dem Hund raus oder ich sage dir, wer bei Harry Potter stirbt.“ Durchgezogen habe ich das nie, aber allein der Bluff hat schon große Wirkungen gezeigt.

Bis heute habe ich Band 5, 6 und 7 nie auf Deutsch gelesen, sondern nur in der britischen Originalausgabe. Vermutlich legte J.K. Rowling mit Harry Potter den Grundstein für meine Liebe zur englischen Sprache und Literatur und eventuell habe ich ihr und meiner Ungeduld die gute Abitursnote in Englisch zu verdanken.

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Das Ende der Kindheit

Was ich vor allem an Harry Potter liebte, war, dass ich mit ihm erwachsen geworden bin. Die Bücher wurden von Band zu Band mehr zu einer Geschichte für junge Erwachsene. Mit dem Hype habe ich mich irgendwann abgefunden und ich denke gerne an die Zeit zurück, als ich und meine Schwester mit anderen Fans in die Buchgeschäfte stürmten. Ich habe so etwas mit einem Buch nie wieder erlebt und finde es schön, ein Teil dieser Generation gewesen zu sein.

Ein Freund von mir sagte, während die Credits des letzten Films über die Leinwand liefen, mit Tränen in den Augen: „Jetzt ist meine Kindheit wirklich vorbei.“

Wie war das erste Mal Harry Potter für euch? Seid ihr Teil der ersten Generation? Wir freuen uns über Kommentare zu euren Leseerfahrungen.

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