"Die Frage ‚Bist du Feministin?‘ ist so anprangernd geworden“

Josefine Andrae | 27.12.19

So ganz ohne Hemmungen über Pornos, PMS und Perfektionismus sprechen – können sie. Im Interview reden die Podcasterinnen Kathrin Thüring und Kirstin Warnke darüber, wieso die Kommerzialisierung des Feminismus Blödsinn ist.

Podcast Frauenbeauftragtinnen

Die FrauenbeauftragtInnen

In ihrem feministischen Podcast geht’s um Themen wie feministische Pornos, das scheinbar perfekte Leben von Instagram-Müttern und PMS – Themen, die viel zu oft noch als Tabuthemen gelten, die Kathrin Thüring und Kirstin Warnke in „Die FrauenbeauftragtInnen“ aber ganz unbefangen und mit einer ordentlichen Mischung aus Humor und Ironie behandeln. Mit uns sprechen sie unisono über Feminismus und die Frage, ob wir den heutzutage überhaupt noch brauchen.

Die FrauenbeauftragtInnen: Staffel 1 (Original Podcast)
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Die FrauenbeauftragtInnen: Staffel 1 (Original Podcast)

Gesprochen von:Kirstin Warnke, Kathrin Thüring
Spieldauer:7:00
Typ:Podcast
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Der Duden definiert Feminismus als eine Richtung der Frauenbewegung, die eine grundlegende Veränderung der patriarchalischen Kultur anstrebt, jedoch dürfte uns allen klar sein, dass Feminismus von den verschiedensten Menschen unterschiedlich verstanden und gelebt wird. Was bedeutet Feminismus für euch?

Mit der Frage setzen wir uns umfassend in unserem Podcast auseinander.

In eurem Podcast besprecht ihr Themen wie PMS und PMDS, feministische Pornos und Instagram-Muttis. Sind das Themen, die eurer Meinung nach noch zu wenig Beachtung finden?

PMS ist vielen eventuell nicht einmal bekannt und vielleicht erkennt die eine oder andere Parallelen und denkt auch jeden Monat ein paar Tage, dass sie wahrscheinlich in Wirklichkeit das denkbar schlimmste Leben von allen hat.

Es geht aber um noch viel mehr: Warum machen sich Frauen oft kleiner als sie sind? Warum wollen wir um jeden Preis gemocht werden? Wo findet unmerklich Selbstverleugnung statt? Hatte die MeToo-Debatte irgendeinen Sinn außer Aufschreien? Wodurch werden Mütter stigmatisiert? Was mache ich, wenn die Wechseljahre vor der Tür stehen? Sind Single-Frauen deshalb single, „weil sie ja schon immer etwas schwierig waren“? Und sind erfolgreiche Frauen karrieregeile kaltherzige Kerle mit Brüsten?

Wir versuchen, von uns selbst ausgehend, zu all den Themen ein Verhältnis zu finden und sind dabei nicht immer ganz frei von Ironie.

Apropos feministisch: Würdet ihr euch selbst als feministisch bezeichnen? Im Podcast gebraucht ihr ja den Begriff der Amateur-Feministinnen …

Die Frage „Bist du Feministin?“ ist so wahnsinnig anprangernd geworden. Wer nicht sofort „Ja“ schreit, soll am besten gleich in die Unterwelt, so scheint es manchmal. Es gibt wahrscheinlich sehr viel Uneinigkeit darüber, was dieser Begriff überhaupt bedeutet.

Wir reden sehr konkret darüber, wie es um uns und unser Wohlergehen bestellt ist, wir hinterfragen Klischees alle möglichen Geschlechter betreffend und dabei geht es immer darum, dass niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft, seiner Vorlieben oder aufgrund irgendeiner Andersartigkeit abgewertet wird oder Nachteile hat. Kann man Feminismus nennen oder gesunden Menschenverstand.

Ronja von Rönne schrieb 2015 einen vieldiskutierten Text, der Feminismus habe ausgedient, er ekele sie sogar an. Wie seht ihr das: Brauchen wir den Feminismus noch?

Die Wut von Ronja von Rönne war nachvollziehbar. Dieser In-die-Hände-klatsch-Kommerz-Männerhasser-Feminismus à la „Wohooo, wir sind die Frauenpowerfrauen“ ist zum Wegrennen. Es erscheinen einem sofort Bilder von kreischenden Esoterik-Vaginen, die in ihrer Stadtrandsiedlung Aquarelle malen und sich aus Langeweile irgendein Kampfziel vornehmen.

Die Autorin hat allerdings einige Zeit später eingestanden, dass ihre Herangehensweise an den Artikel naiv war und dass sie das Geschriebene selbst nicht intellektuell hinterfragt hat.

Wir glauben, dass viele sich nicht als benachteiligt wahrnehmen und dass man erst einmal dahinterkommen muss, an welchen Stellen wirklich abwertende Mechanismen am Werk sind, an die man sich so sehr gewöhnt hat, dass sie sogar zu einer inneren Stimme geworden sind, mit der man die eigenen Handlungen, Gedanken und Emotionen abtut. Was auf Dauer sehr ungesund ist.

Feminismus ist mittlerweile in: Marken wie Zara verkaufen T-Shirts mit „Feminist“-Print drauf, es gibt Jutebeutel mit witzigen Sprüchen und so weiter. Wie steht ihr zu dieser Kommerzialisierung des Feminismus?

Zu dem Thema wird es wahrscheinlich eine Folge geben. Aber es ist ungefähr so schlau wie sich Che-Guevara-T-Shirts zu kaufen. Es geht dabei ja nur darum, ein Bild von sich selbst zu erschaffen und dafür zu bezahlen. Im übertragenen Sinne ist das ziemlich witzig, hat mit einer Haltung aber nichts zu tun.

Können Internet-Aktionen wie #metoo und #aufschrei wirklich eine Veränderung bewirken?

Das besprechen wir relativ umfassend in unserem Podcast in der Folge „Frauen im Streichelzoo.“

Was hofft ihr zu verändern, indem ihr in eurem Podcast so offen über Themen sprecht, die vor allem Frauen betreffen?

Das ganze Thema wird oft ziemlich spaßbefreit angegangen und meistens auch sehr theoretisch. Wer das ganze Frauen-Gender-Blabla nicht mehr hören kann, der sollte unseren Podcast hören.

Wie sieht das Feedback aus, das ihr bisher zu eurem Podcast bekommen habt?

Sehr gut. Zum Glück.

Melden sich auch Männer bei euch, die etwas zu eurem Podcast zu sagen haben?

Ja, das darf aber bitte noch mehr sein. Männer sind uns als Hörer herzlich willkommen.

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