Der Augenjäger

Interview mit Sebastian Fitzek: Hinter den Kulissen von "Der Augenjäger" - Einblick in den spannenden Thriller

Audible Magazin: Hallo Sebastian, schön, dass du so kurz vor Veröffentlichung deines neuen Psychothrillers „Der Augenjäger“ Zeit für uns hast.

Sebastian Fitzek: Sehr gerne!

Audible Magazin: Unsere Hörer warten schon sehnsüchtig auf den Augenjäger, wie wir über einige Facebook-Posts herausgefunden haben. Wie kam es eigentlich, dass du dich für eine Art Fortsetzung von Der Augensammler entschieden hast? Bisher waren deine Bücher immer komplett in sich abgeschlossen.

Sebastian Fitzek: Und das sind sie auch weiterhin. Auch „Der Augenjäger“ ist ein in sich geschlossener Thriller, man muss den „Augensammler“ nicht zuvor gelesen haben. Es ist ja nicht das erste Mal, dass in meinen Büchern einzelne Personen wieder auftauchen. Das sind immer die, die mir beim Schreiben am meisten ans Herz gewachsen sind. Und gerade die Figur der blinden Physiotherapeutin Alina Gregoriev hat es mir besonders angetan. Während meiner Recherche durfte ich so viel Faszinierendes über die Welt der Blinden und Sehbehinderten lernen – das lieferte genug Stoff für zahlreiche spannende Thriller. Aber keine Angst, es werden jetzt nicht „Der Augenwerfer“, „Der Augenfänger“ oder „Der Augenwischer“ folgen. Mein nächster Psychothriller ist wieder ganz etwas anderes.

Audible Magazin: Ich habe gelesen, dass du damals die Figur der Physiotherapeutin, Alina Gregoriev, die ja auch in „Der Augenjäger“ wieder mitspielt, sozusagen im wahren Leben gefunden hast. Du hast oder hattest selbst eine Physiotherapeutin mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und hast die Person in deinem Buch weiterentwickelt. Erzähl doch mal kurz, wann oder in welcher Situation dir klar wurde, dass du diese Person in dein Buch mit aufnimmst.

Sebastian Fitzek: Es ist ja immer so, dass mich skurrile Alltagssituationen zu meinen Thrillern inspirieren. Tatsächlich kenne ich eine Physiotherapeutin, die zwar nicht blind ist, sich aber wie Alina auf Shiatsu-Massagen spezialisiert hat. Am Ende ihrer Behandlungen erzählt sie mir immer, was sie aus meinem Körper „gelesen“ hätte. Und während ich eines Tages auf dem Boden lag und von Frau Jungbluth durchgeknetet wurde, dachte ich mir: „Was, wenn ich ein Serienmörder wäre?“ Würde Frau Jungbluth dann merken, dass ich (fiktives Beispiel;) kurz vor unserem Termin eine Frau im Keller zerstückelt habe? Und so war die Figur der Alina Gregoriev geboren – eine blinde Physiotherapeutin, die behauptet, sie könne durch bloße Berührungen in die Vergangenheit ihrer Patienten sehen.

Audible Magazin: Jetzt bist du nicht nur Bestseller-Autor, sondern auch noch stellvertretender Programmdirektor beim Radiosender 104.6 RTL. Außerdem bald 2-facher Vater. Wie teilst du dir das alles auf und kommst du überhaupt mittlerweile noch genauso viel zum Schreiben wie früher?

Sebastian Fitzek: Kleine Korrektur: bei 104.6 RTL bin ich „nur“ noch Berater, den Posten habe ich an den Mann abgegeben, der in den letzten Jahren ohnehin schon all die Arbeit gemacht hat, die ich während meiner Schreibphasen liegen gelassen habe: dem Chefredakteur, dem ich übrigens den Nachnamen für eine meiner Figuren geklaut habe. Sie dürfte dem einen oder anderen Leser bekannt sein aus Der Seelenbrecher: Haberland.
Ich schreibe noch genau so viel wie früher, eher sogar mehr. Dass liegt daran, dass ich all die Dinge, die mir keinen Spaß mache, kompetent vernachlässige, wie zum Beispiel Müllrausbringen, Rasenmähen, Renovieren, etc. Das macht mich vermutlich nicht zum Anwärter des „Bester-Ehemann-des Jahres-Award“, andererseits kann ich auch nicht so viel Blödsinn im Haushalt anrichten, wenn ich am Schreibtisch sitze.

Audible Magazin: Warum hast du dir eigentlich das Thriller-Genre ausgesucht? Wie entscheidet man bei seinem ersten Buch, in welche Richtung man geht?

Sebastian Fitzek: Thriller sind und waren meine Leseleidenschaft und wann immer ich ein spannendes Buch aus der Hand legte habe ich mich gefragt, ob ich auch mal eine gute Idee haben würde, die es wert wäre, auf Papier gebannt zu werden. Im Übrigen trifft man als Schriftsteller nur sehr selten eine Entscheidung. Sehr oft beobachte ich nur, wie die Figuren, die ich auf den ersten Seiten ins kalte Wasser geschmissen habe, sich freischwimmen und ihr unkontrollierbares Eigenleben entwickeln.

Audible Magazin: Du hast dieses Jahr deinen ersten Kinofilm selbst in Angriff genommen und dein Buch Das Kind hier in Berlin verfilmt. Kannst du mir erzählen, wie das zustande gekommen ist, dass du ein riesiges Projekt wie einen Kinofilm selbst umsetzen wolltest? Und sollte Die Therapie nicht auch verfilmt werden?

Sebastian Fitzek: Eigentlich sollten alle meine Bücher bislang verfilmt werden, aber was das anbelangt, lebe ich offensichtlich im falschen Land. Denn hier in Deutschland werden Psychothriller nicht gefördert und ohne das Geld der Filmförderung kann man keinen teuren Kinofilm auf die Leinwand bringen. Die Anstalten sagen aber unisono: „Deutscher Psychothriller funktioniert nicht“. Ein Satz, der bei mir ein Déjà-vu auslöst, denn mit diesem Argument wurde auch mein Debüt „Die Therapie“ von allen Verlagen abgelehnt, bis mir Droemer Knaur eine Chance gab.
Nachdem alle meine Stoffe nun fünf Jahre lang von den Filmförderungen abgelehnt wurden, überredete mich mein bester Freund (und Regisseur) Zsolt Bács, es selbst zu versuchen. Ich sagte: „Nur über meine Leiche. Filmemachen ist was für Verrückte.“ Nun ja, mit dem letzten Teil dieses Satzes hatte ich Recht;) Dass die Dreharbeiten zu „Das Kind“ heute tatsächlich abgeschlossen sind (und wir uns in der langen Phase der Postproduktion befinden) ist einzig und allein dem Mut zahlreicher Freunde und Bekannten zu verdanken, die alle das Wagnis eingegangen sind und diesen Film rein mit privaten Mitteln finanziert haben. Er wird, wenn alles so gut geht wie bisher, nächstes Jahr (2012) in den Kinos starten.
In der Zwischenzeit scheint sich auch bei „Die Therapie“ und „Der Seelenbrecher“ etwas zu tun, aber hier heißt es noch abwarten.

Audible Magazin: Hast du ein Vorbild oder gleich mehrere in Bezug auf Autoren?

Sebastian Fitzek: Mittlerweile lese ich Autoren aller Nationen, aber als Kind der 80er wurde ich von den Altmeistern aus England und den USA geprägt. Ich bewundere Stephen King für seine Sprachegewalt, niemand schaut dem „einfachen Mann“ so perfekt auf den Mund und erzeugt innerhalb einer völlig unrealistischen Szenerie so lebensechte Figuren. Ich bewundere Michael Crichton für seine Vielseitigkeit, Ken Follett für seine Akribie und Perfektion, John Grisham für seine Plots – und ich könnte noch unzählige Autoren aufzählen, die mich alle geprägt, beeinflusst und inspiriert haben, wie in letzter Zeit Harlan Coben (den ich euch übrigens empfohlen hatte, weil ihr ihn nicht im Programm hattet) oder jüngst Michael Robotham, den ich hiermit empfehle.

Audible Magazin: Verfolgend dich manchmal die grausamen Taten, die Protagonisten in deinem Buch tun, in deinen Träumen?

Sebastian Fitzek: Nein. Schreiben ist für mich Therapie. Ich schreibe mir meine Ängste von der Seele und kann danach sehr entspannt schlafen. Ich delegiere sozusagen meine Alpträume und lasse meine Leser und Hörer mit ihnen allein. Perfekte Arbeitsteilung, wie ich finde;)

Audible Magazin: Wie ich weiß bist du ein großer Fan von Social Media und ich sehe oft sehr interessante Aktionen auf deiner Seite. Z.B. kann man aktuell auf der Seite vorsicht-fitzek.de Buchstaben für Buchstaben den Prolog von „Der Augenjäger“ entdecken oder damals auf der FB-Seite von „Das Kind“ konnten sich Leser bewerben, damit ihr Name in den Abspann aufgenommen wurde, usw. Lässt du dir diese Aktionen selbst einfallen oder passiert sehr viel in Zusammenarbeit mit deinem Verlag Droemer Knaur?

Sebastian Fitzek: Das ist völlig unterschiedlich. Die Idee mit den Buchstaben entstand im Verlag. Dass jeder, der die Facebookseite zu „Das Kind“ liked, in den Abspann kommt, entsprang aus einer Wette, die ich mit dem Regisseur hatte und die ich verliere, wenn wir nicht bis Weihnachten die 50.000er Grenze überschreiten.

Audible Magazin: Was kommt jetzt alles auf dich zu, wenn du am 28. September 2011 offiziell dein neues Buch „Der Augenjäger“ vorstellst?

Sebastian Fitzek: Am 26.9. beginnt meine Tour mit einem Termin auf der roten Couch bei der NDR Fernsehsendung Das!, dann folgt die offizielle Dunkel-Premiere am 28.9. in einem exklusiven Kreis von 150 Lesern. Dunkel-Premiere deshalb, weil sie in absoluter Finsternis stattfinden wird. Zwei Stunden Show und Essen in der Unsichtbar, Berlins erstem Dunkelrestaurant, das ist nur was für Menschen mit harten Nerven. Danach bin ich einen Monat lang unterwegs, beinahe täglich, die Termine kann man auf meiner Website nachlesen. Und dann folgt Anfang November die schönste Neuveröffentlichung in diesem Jahr: Wir bekommen unser zweites Kind;)

Audible Magazin: Auf was dürfen sich unserer Hörer nach „Der Augenjäger“ freuen? Hast du schon eine Idee für ein weiteres Buch? Wird es einen dritten Teil geben oder eher ein in sich abgeschlossenes Buch? Oder welche anderen Projekte stehen nächstes Jahr an?

Sebastian Fitzek: Wie gesagt, einen dritten Teil wird es vorerst nicht geben. Ich war selbst vom Ende des Augenjägers so verstört, dass ich meinen Helden und mir erst einmal etwas Ruhe gönnen muss. Aber ich arbeite gedanklich bereits an einem neuen, völlig anderen Thriller, der in verschiedener Hinsicht eine große Überraschung sein wird. Mehr darf ich leider nicht verraten, sonst bekommt mein Verlagschef Schnappatmung. Und das wollen wir ja nicht …

Vielen Dank für das angenehme Interview, Sebastian!