Sabine, wir sind hier im Neuen Garten in Potsdam. Was magst du an diesem Ort?

Ich bin zwar keine passionierte Spaziergängerin, aber hier finde ich es einfach schön. Der See, die Ruhe, das Licht, das ist schon fantastisch!

Wie lange lebst du schon in Potsdam?

Ich kam zur Wendezeit nach Potsdam. Damals war ich zum Teil noch in Magdeburg am Theater und zum Teil in Potsdam. Den Theatern ging es noch gut. Nach der Wende gab es allerdings viele Veränderungen. Neue Intendanten bestimmten größere Richtungswechsel und ich begann mir auch andere Felder für meinen Beruf zu erschließen.

Hörbuchsprechen ist etwas Wunderschönes, weil der Zuhörer dabei sehr viel Phantasie freisetzen kann.

Hast du in dieser Zeit das Synchronsprechen begonnen?

Ja, das Synchronsprechen war eines dieser neuen Felder. Ich neige zu einem schnellen Sprechtempo. An der Schauspielschule versuchte man mir das abzugewöhnen. Im Synchron dagegen ist man froh, wenn man spielerisch schnell sprechen kann. Diese Arbeit kommt mir also auch in dieser Hinsicht sehr entgegen.

Seit wann liest du eigentlich Hörbücher?

Meine Kollegin Cathlen Gawlich hat mich einmal einem Studio empfohlen, und so kam es zu meinem ersten Hörbuch, Die Winterrose von Jennifer Donnelly. Hörbuchsprechen ist etwas Wunderschönes. Der Zuhörer kann dabei die eigene Phantasie freisetzen und ich kann als Sprecherin die Nuancen und Klangebenen unserer Sprache kreativ nutzen. Das fasziniert mich.

Kannst du diese Faszination genauer beschreiben?

Beim Lesen läuft bei mir ein innerer Film ab. Ich habe eine Vision von der Figur und mache mich mit ihrer Haltung vertraut. Ich weiß dann, warum eine Figur etwas sagt und vor allem, wie sie es sagt. Wie Musik fließt alles zusammen: Es gibt dynamische Tempoverschiebungen und ich kann durch meinen eigenen Rhythmus viel Neues erschaffen. Manchmal reißt es mich so mit, dass ich auf mein Tempo achten muss, sonst lese ich zu schnell.

Gibt es ein Hörbuch, an das du besonders gute Erinnerungen hast?

Das Hörbuch Du sollst nicht schlafen von Charlotte Parsons zum Beispiel. Die Idee, fit und wach zu bleiben, bis es nicht mehr geht, hat mich beschäftigt. Der Plot wurde interessant umgesetzt. Über spannende Bücher dieser Art freue ich mich sehr. Ein ganz anderes Genre war zum Beispiel die Reihe Landluft für Anfänger von Nora Lämmermann und Simone Höft. Diese Bücher haben mir auch viel Spaß gemacht.

Ist die Arbeit allein mit Stimme eine berufliche Herausforderung für dich?

Ähnlich wie vor der Kamera ist man noch viel durchlässiger: Dein Gesicht, dein Mundwinkel oder dein Auge, plötzlich erzählt alles an dir etwas. Man wird schnell entlarvt, wenn man es nicht gut macht. Genau so ist es vor dem Mikrofon: Der Zuhörer bekommt mit, ob man vor dem Mikrofon lügt. Ich habe nur die Stimme, um alles, was im Text liegt, zu transportieren. Was für eine tolle Herausforderung für einen Schauspieler!

Wenn ich besser zeichnen könnte, wäre ich auch gerne Restauratorin geworden.

Gab es jemals eine berufliche Alternative für dich?

Früher habe ich zwischen den Theaterproben alte Möbelstücke abgezogen. Das waren zum Beispiel Waschkommoden, Stühle und solche Dinge. Es hat mir Spaß gemacht, die alten Möbelstücke wieder zum Leben zu erwecken. Außerdem konnte ich mich entspannen und hielt mich so zwischen den Proben warm. Damals kam mir sogar der Gedanke, eine Ausbildung zur Restauratorin zu machen. Doch dafür reichten meine Zeichenkünste leider nicht aus.

Wenn du an deine Zeit am Theater in Magdeburg denkst, gibt es ein Stück, an das du dich besonders gut erinnerst?

Um die Wendezeit spielten wir in Magdeburg das Stück Diktatur des Gewissens des russischen Autors Michail Schatrow. Inspiriert durch die politische Situation bauten wir in das Stück aktuelle, „Gedächtnisprotokolle“ ein. Eines Tages stockte mir der Atem, als ich live eines dieser Protokolle auf der Bühne las. Es war darin von Geruchsproben die Rede, und zwar von Teilnehmern der Montagsdemonstrationen. Man bewahrte sie in Einmachgläsern auf. Das hat mich richtig erschüttert, daran erinnere ich mich noch gut.

Warst du selbst politisch aktiv in der DDR?

Das Thema Politik gehörte in meiner Familie zum Alltag. Mein Vater war als junger Mann zusammen mit seinem Großvater wegen angeblicher Spionage in der DDR verurteilt worden. Das hat natürlich die Familie für politische Auseinandersetzungen sensibilisiert und meinen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse geschärft.

Sabine, noch zwei kurze Fragen: Wie würde dich ein guter Freund beschreiben?

Humorvoll, denke ich. Sie liebt das Leben, hat keine Angst vor Widersprüchen und ist manchmal richtig stur.

Was würdest du gerne einmal tun, wenn du genügend Zeit hättest?

Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne meine italienischen und französischen Sprachkenntnisse ausbauen, die Mittelmeerkulturen besser kennenlernen und auch dort Theater spielen.

Alle Hörbücher mit Sabine Arnhold findet ihr hier.