Jedes zehnte Buch, das in Amerika über den Ladentresen geht, ziert sein Name: James Patterson. 400 Millionen Bücher soll er verkauft haben. Sein Vermögen wird auf 800 Millionen Dollar geschätzt – damit schlägt er sogar J.K. Rowling. Und er schreibt wie am Fließband: Mehr als 300 Bücher sind in seinem Namen erschienen, 67 davon standen auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste, nachzulesen im Guinness-Buch der Rekorde. Es sind vor allem Krimis, aber auch Sach-, Kinder- und Drehbücher. Manchmal arbeite er an 30 Projekten gleichzeitig, verriet der 75-Jährige kürzlich dem Guardian.

Nun hat der Tag nur 24 Stunden, auch für einen James Patterson. Wie erklärt sich also dieser enorme Output? Ganz einfach: James Patterson beschäftigt eine kleine Schar fleißiger Co-Autoren, die ihm zuarbeiten. Sieben sollen es aktuell sein. Zwar stammen die Ideen und der grobe Plot nach wie vor von ihm, aber die meisten Seiten füllen seine Mitarbeiter in seinem Stil. Zeitungen, Werbeagenturen, Fernsehproduktionen arbeiten schon lange so. Patterson hat das Prinzip des „Writers‘ Room“ auf Romane übertragen.

Patterson + Promi = Erfolg

Seine Co-Autoren werden immer prominenter – jedenfalls die, deren Namen groß aufs Cover gedruckt werden. 2018 gelang Patterson in dieser Hinsicht sein bisher größter Coup: Er gewann den ehemaligen Präsidenten Bill Clinton für eine Zusammenarbeit. Das Ergebnis, The President is Missing, ist ein fantasievoller Politthriller mit Cyberterroristen, Superviren und filmreifen Schießereien. 2021 legte das Duo – mittlerweile auch privat befreundet – mit Die Tochter des Präsidenten nach.

The President is Missing
Die Tochter des Präsidenten

The President is Missing: Darum geht’s in Pattersons und Clintons Thriller

Das Schöne an der Erfolgsformel „Promi plus Patterson“ ist, dass sie sich wunderbar variieren lässt. Patterson liefert den Plot. Sein prominenter Co-Autor steuert einmaliges Hintergrundwissen sowie seinen Namen bei. Die Fleißarbeit erledigen die namenlosen Bienchen aus Pattersons Bestseller-Fabrik. Das Konzept ist so genial, dass das Marketing wahrscheinlich ein Selbstläufer ist.

Für sein neustes Buch hat James Patterson sich mit der amerikanischen Musik-Legende Dolly Parton zusammengetan. Mit mehr als 100 Millionen verkauften Alben ist die „Jolene“-Sängerin – wie Patterson Jahrgang 1946 – so etwas wie der weibliche James Patterson der Country-Musik. Auch Parton hat ein untrügliches Gespür dafür, was das Publikum will: Sie hat den Überhit „I Will Always Love You“ geschrieben, der in der Cover-Version von Whitney Houston zur meistverkauften Single einer Sängerin weltweit wurde.

Run, Rose, Run

Die ereignisreichen ersten Jahre von Dolly Partons Karriere dienten als Inspiration für einen Roman: Run, Rose, Run. Darin träumt die völlig abgebrannte AnnieLee von einer Karriere als Country-Sängerin. Sie trampt nach Nashville und überredet den Barkeeper einer Musikkneipe dazu, sie spielen zu lassen. AnnieLees emotionale Songs begeistern erst das Publikum vom Cat’s Paw Saloon und schon bald die ganze Szene. Der Gitarrist Ethan Blake und die Country-Legende Ruthanna Ryder nehmen AnnieLee unter ihre Fittiche. Alles könnte perfekt sein. Doch die junge Frau hütet ein dunkles Geheimnis, das sie schon bald einzuholen droht.

„Run, Rose, Run“ ist so unterhaltsam und flott erzählt, dass man kaum merkt, wie die Kapitel dahinfliegen. Selbst wenn mal ein Plot Twist etwas arg konstruiert wirkt, ein Dialog ein bisschen klischeehaft – das Buch ist unwiderstehlich wie eine Chips-Tüte. Schwupp, ist schon wieder ein Kapitel weggeknuspert.

Run, Rose, Run von James Patterson und Dolly Parton: Buch, Album, Film

Zwar ist die Handlung des Romans frei erfunden, doch Parton steuerte offenbar viel Hintergrundwissen bei, sodass die Beschreibungen der Musikszene von Nashville glaubhaft wirken. An der Seite der sympathischen Heldin geht es hinein in die Welt verrauchter Musikkneipen und großer Plattenlabels. Ein bisschen Suspense gibt es auch, aber nicht zu viel und allzu blutig wird es auch nicht. Und am Ende wartet ein Happy End auf AnnieLee, das – auch das gehört zu einem typischen Patterson – ein wenig kitschig ist.

Wer die eingestreuten Song-Zitate nicht nur im eigenen Kopf hören möchte, holt sich zum Buch gleich noch das gleichnamige Album mit zwölf neuen Songs von Dolly Parton dazu. Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Roman nach seinem Erscheinen im März 2022 umgehend auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste kletterte. Auch die Filmrechte wurden selbstredend schon verkauft – die Produktion übernimmt die Firma von Reese Witherspoon. Dolly Parton wird die Rolle der Musik-Veteranin Ruthanna selbst spielen. Natürlich schwirren bei den Diskussionen um die Besetzung nur die größten Namen durch den Raum.

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James Patterson: Was ist das Geheimnis seines Erfolgs?

Das Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ hat einmal versucht, James Pattersons Erfolg in eine Formel zu fassen. Sein Erfolgsrezept umfasst demnach zehn Zutaten und liest sich zusammengefasst ungefähr so:

  1. Fleiß

  2. einfache Sprache, kurze Sätze, kurze Kapitel

  3. ein Ereignis („Gold-Nugget“) pro Kapitel

  4. Emotionen

  5. ein eigener Ton für jede Figur

  6. eine Hauptfigur, die wir lieben

  7. Sex, den wir ersehnen

  8. ein politischer Hintergrund

  9. ein guter Killer

  10. X – die Geheimzutat

Es gibt sicher genügend Autoren, die die Punkte eins bis neun beherzigen und die dennoch niemand kennt. Was also ist die berühmte Geheimzutat? Vielleicht die: James Patterson hat ein untrügliches Gespür dafür, was sich verkauft. Das hat er schon in seinem ersten Job als Werbetexter bei der Agentur J. Walter Thompson bewiesen. Seine Vorgesetzten erkannten seinen guten Riecher und so stiegt er schnell zum Kreativdirektor auf.

The Thomas Berryman Number

Nebenher schrieb Patterson seinen ersten Krimi, The Thomas Berryman Number. Er wurde von 31 Verlagen abgelehnt, dann erbarmte sich doch noch einer und veröffentlichte das Buch. Das war 1976. Prompt gewann der Autor den Edgar Allan Poe Award in der Kategorie „Bestes Erstlingswerk“. Viele halten den Roman bis heute für James Pattersons bestes Buch.

Von da an schrieb Patterson Buch um Buch. Um fein ziselierte Sätze oder gar Kritiker-Lob ging es ihm dabei nie – er wollte verkaufen und zwar im großen Stil. Der Durchbruch gelang ihm 1993 mit dem ersten Band der Alex-Cross-Reihe, die mittlerweile auf 29 Bände angewachsen ist. Sein ikonischer Detective wird heiß geliebt, drei Verfilmungen gibt es mittlerweile. Weitere erfolgreiche Buch-Reihen kamen im Laufe der Jahre hinzu: „Women's Murder Club“, „Maximum Ride“, „Michael Bennet“.

Alex Cross und Women’s Murder Club: James Pattersons erfolgreichsten Buchreihen

James Patterson, der Big Mac unter den Schriftstellern

Morgen, Kinder, wird's was geben

James Pattersons Bücher sind Unterhaltungsromane oder, böse formuliert: literarisches Fast Food. James Patterson selbst sagte einmal, in einem Raum voller Schriftsteller, Lektoren und Literaturkritiker fühle er sich wie „ein Bic Mac in einem edlen Restaurant“. Das war bei den renommierten National Book Awards, bei denen er war, um den Preis für sein Lebenswerk entgegenzunehmen.

Denn die Branche schätzt Patterson. Er bringt Leute zum Lesen. Er setzt sich mit Worten und großen Geldsummen für die Leseförderung ein, unterstützt öffentliche Bibliotheken und unabhängige Buchhandlungen. Sein Verlag kann dank des enormen Umsatzes, den er mit James-Patterson-Büchern macht, Bücher weniger populärer Autoren querfinanzieren. Das Verlagswesen würde nicht funktionieren ohne Autoren wie ihn.

Nur in Europa hatte James Patterson lange nicht den Erfolg, den er sich erhoffte. Der stellte sich erst ein, als er sich 2010 mit der schwedischen Krimi-Autorin Liza Marklund zusammentat. Das Ergebnis, Postcard Killers, stand auf Platz eins der Bestsellerlisten in Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark. Es war die erste Zusammenarbeit eines amerikanischen und eines europäischen Krimi-Stars überhaupt. Seither ist Patterson auch europäischen Krimi-Fans ein Begriff.

Postcard Killers

James Patterson: Vom Beinahe-Taxifahrer zum Multimillionär

Der Erfolg muss eine große Befriedigung für ihn sein. Denn tatsächlich ist James Pattersons Werdegang eine dieser „vom-Tellerwäscher-zum-Millionär“-Geschichten, die viele Menschen – ganz besonders in Amerika – lieben. „Mein Vater wuchs in einem Armenhaus auf, meine Großmutter putzte Toiletten und Küchen“, verriet der Autor einmal.

Als Kind lebte er in Newburgh, einer Arbeiterstadt im Staat New York. Er fühlte sich oft einsam, litt wohl auch unter der Strenge des Vaters. Doch der kleine James war gut in der Schule und las gerne. Er entschied sich für ein Studium der englischen Literatur, schloss mit Auszeichnung ab und nahm danach einen Job in einer Werbeagentur an. „Das war nur, weil ich als Taxifahrer nicht genommen wurde“, behauptete er später. Man weiß nicht genau, ob das nun kokett gemeint ist oder schlicht der Wahrheit entspricht. Vielleicht beides.

Heute lebt James Patterson mit seiner Frau und seinem Sohn in Palm Beach und im Westchester County. Er könnte sich auf seinem Erfolg ausruhen, mit Bill Clinton Golf spielen, relaxen. Immerhin ist er im März 75 geworden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er das tun wird. Siehe Punkt eins der Erfolgsformel.

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