__Mit deinen Fantasy-Büchern für Heranwachsende hast du ein eigenes Universum kreiert: das Grishaverse. War das von Anfang an dein Plan? __

Nein. Ich neige dazu, in Puzzlestücken zu denken und erst nach und nach ein größeres Bild zu entwerfen. Als ich "Goldene Flammen" schrieb, wollte ich einfach nur ein Buch fertigstellen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich vorgehen sollte oder was ich da tat. Nach der ersten Hälfte dachte ich, das fühlt sich nicht wie ein einziges Buch an. Und als daraus die "Legenden der Grisha"-Trilogie wurde, wusste ich zumindest, dass ich danach die Geschichte über Nikolai Lantsov fortsetzen wollte.

Der in der "King of Scars"-Dilogie zur zentralen Figur wird.

Genau. Vorher stand aber noch etwas anderes an. Eines Tages fuhr ich durch L.A. und sah ein Filmplakat für „Monuments Men“. Ich wollte mir diesen Film zwar nicht anschauen, aber George Clooney und Matt Damon spielten mit und ich dachte: "Oh, ich will Ocean's 11 noch einmal sehen!" Plötzlich kam mir der Gedanke: "Ich will über einen Fantasy-Raub schreiben." So entstand die Idee für "Das Lied der Krähen", den ersten Teil der "Glory or Grave"-Dilogie. Und als ich den ersten Band der Nikolai-Lantsov-Geschichte "Thron aus Gold und Asche" schrieb, ging es mir dann doch nicht nur um ihn, sondern auch um Nina, die mit ihrer Trauer zu kämpfen hat.

Nina hat jemanden verloren, der ihr sehr nahestand. Trauer wird im Young-Fantasy-Genre nicht sehr oft thematisiert.

Trauer ist ein Teil des Lebens. Ich habe meinen Vater vor zehn Jahren verloren, manchmal weine ich immer noch um ihn. Mein Partner hat seine Mutter mitten in der Pandemie verloren. Ich schreibe nun einmal Bücher, in denen Kriege und Schlachten vorkommen. Zu glauben, dass man diese Dinge ohne grundlegenden Verlust durchsteht, wäre meiner Meinung nach sehr unehrlich. Und den Lesern zu erzählen, dass alle, die man liebt, am Leben bleiben, ist auch falsch. Bei Nina hatte ich keinen Plan, aber ich wollte respektieren, was sie durchgemacht hat.

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Das Gold der Krähen

"Ich glaube, man schreibt dann am besten, wenn man mutig genug ist, sich mit den Dingen zu beschäftigen, die uns allen Schmerz, Schamgefühle oder Sorgen bereiten."

Wie fühlt es sich an, über den Tod zu schreiben?

Früher habe ich mit den Augen gerollt, wenn Autoren erzählten, sie würden beim Schreiben bestimmte Szenen weinen. Heute fühle ich mich wie ein Trottel, denn auch ich habe bei vielen meiner Szenen geweint. Aber ich glaube, man schreibt dann am besten, wenn man mutig genug ist, sich mit den Dingen zu beschäftigen, die uns allen Schmerz, Schamgefühle oder Sorgen bereiten.

Du hast die "Legenden der Grisha"-Trilogie als eine Auserwählten-Geschichte beschrieben, die "Glory or Grave"-Dilogie als eine große Raubgeschichte. Wie siehst du die "King of Scars"-Dilogie?

Im Grunde sind alle Familiengeschichten. Legenden der Grisha ist eine Geschichte über eine gefundene Familie und über Menschen, die sich fragen: "Welche Macht habe ich, um die Welt zu verändern?" In Glory or Grave geht es um Menschen, die kein großes Schicksal haben und kein königliches Blut in sich. Aber sie stellen Verbindungen her, die es ihnen ermöglichen, die Welt zu verändern. In gewisser Weise ist King of Scars eine Kombination aus diesen beiden Themen. Es gibt darin Menschen mit enormen magischen Fähigkeiten, die theoretisch auch königliches Blut in sich haben - obwohl das bei Nikolai Lantsov umstritten ist. Aber sie stellen sich dieselben Fragen: "Was werde ich aufgeben, um mein Volk zu retten? Wer sind die Menschen, auf die ich mich verlassen kann? Und wozu bin ich in diesem Moment fähig?"

Lodernde Schwingen

Was inspirierte dich am meisten dazu, über das Grishaverse zu schreiben?

Für mich fühlt es sich an, als würde ich auf eine Reise gehen. Ich folge unterschiedlichen Pfaden und bekomme neue Einblicke. Manchmal sind es Horizonte, die ich sehe, manchmal blicke ich in die Dunkelheit des Waldes. Es gibt noch einige Orte im Grishaverse, die ich erkunden möchte.

Es wird also weitere Grishaverse-Geschichten geben?

Das kann ich nicht wirklich beantworten. Ein Buch braucht so viel von deinem Herzen und von deiner Zeit. Das Schreiben fällt mir nicht leicht, es ist eine ziemliche Herausforderung. Eine Zeit lang habe ich gesagt, dass ich vielleicht ein drittes Krähen-Buch schreiben werde. Ich schließe das auch bis heute nicht aus, denn ich habe viele Notizen dafür.

Wie ist es mit einem dritten Teil von "King of Scars"?

Am Ende von Thron aus Nacht und Silber habe ich eine Tür offengelassen. Aber ich weiß einfach noch nicht, ob ich in sechs Monaten, in sechs Jahren oder nie durch diese Tür gehen werde. Ich liebe es, über das Grishaverse zu schreiben, aber ich habe den Figuren viel zugemutet. Also werde ich sie noch eine Weile ruhen lassen.

Rule of Wolves - Thron aus Nacht und Silber
  • Dieses Interview erschien erstmals auf Englisch im April 2021 auf Audible.com. Es wurde redaktionell bearbeitet, gekürzt und umstrukturiert, um den Lesefluss zu verbessern.*