Ihre Bücher verortet die in Australien lebende Autorin zwar in einer historischen Wirklichkeit – zum Beispiel das Irland des 9. Jahrhunderts. In ihre Welten bricht jedoch immer das Magische, Geheimnisvolle ein. Nicht selten greift sie Motive aus Volksglauben und Märchen auf: eine geheimnisvolle Harfe, ein tyrannischer König, ein Mädchen, dessen Brüder in Vögel verwandelt werden. Daraus webt sie etwas Eigenes.

"Man nimmt [solche Motive], arbeitet mit ihnen – und etwas völlig Neues erwächst daraus", beschreibt Juliet Marillier diesen Vorgang. "In einem solchen Fall ist Magie am Werk: die wundersame, uralte Magie der Natur, die subtile Magie der Kultur und die grundsätzliche Magie der Liebe."

Glasberge, Zauberspiegel und ein verfluchter Prinz

Auch ihr jüngstes Werk Die Schöne, exklusiv für eine Hörbuchumsetzung geschrieben, basiert auf einer uralten Geschichte, in der die Liebe von zentraler Bedeutung ist.

Wie etwa auch Sarah J. Maas in "Das Reich der sieben Höfe" zieht sie dafür Inspiration aus dem Märchen "Östlich der Sonne und westlich des Mondes". In dieser skandinavischen Variante von "Die Schöne und das Biest" wird eine mutige junge Frau die Braut eines in einen Eisbären verwandelten Prinzen.

Als sie nach einer Zeit des gemeinsamen Zusammenlebens jedoch ein Tabu bricht, entschwindet ihr Mann ans Ende der Welt. Einst hatte die Königin der Trolle ihn verflucht und nun ist er wieder ihr Gefangener. Sie will ihn dazu zwingen, ihre eigene Tochter zu heiraten. Die wahre Braut des Prinzen zieht jedoch aus, ihren Ehemann zu retten.

Die Schöne beginnt als Adaption dieses Märchens. Doch Marillier stellt nicht etwa den Eisbärprinzen oder seine mutige Geliebte in den Mittelpunkt. Sie erzählt die Handlung aus Sicht der jungen Trollprinzessin. Dadurch gewinnt sie der bekannten Geschichte eine ganz eigene, zunächst bittersüße Note ab.

Hulde, so der Name der Trollprinzessin, will kein Spielball ihrer Mutter, keine Gefangene auf dem prunkvollen Glasberg sein. Im Verlauf des Buches nimmt sie ihr Schicksal in die Hand. Sie zieht hinaus in die Welt, sucht ihr eigenes Abenteuer und findet sich selbst.

Nicht nur Kriegerinnen und Magierinnen sind stark

Starke Frauenfiguren sind Juliet Marillier unglaublich wichtig. Wenn sie "stark" sagt, meint sie jedoch nicht zwangsläufig mächtige Magierinnen oder unbezwingbare Kriegerinnen. Ihre Heldinnen sind deshalb stark, weil sie in sich den Mut finden, ihren eigenen Weg zu gehen und Widerständen zu trotzen, auch wenn es schwerfällt.

Wie die Heilerin Liadan aus "Sohn der Schatten", die bereit ist, sich für den Mann, dem ihr Herz gehört, gegen die eigene Familie zu stellen. Oder die junge Sorcha, die sich in Tochter der Wälder einer schweren Prüfung unterzieht, um ihre Brüder zu retten. Ihre Stiefmutter hat diese in Schwäne verwandelt.

Beide Romane gehören zu ihrer großen "Sevenwaters-Saga", wunderbar eingelesen von Tanja Geke. Die einzelnen Teile können unabhängig voneinander gehört werden, denn in jedem von ihnen steht eine andere Figur im Mittelpunkt.

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Keine Endlos-Serien

Marillier ist nicht sonderlich erpicht darauf, lange Serien zu schreiben. Sie glaubt, dass liege daran, dass ihr in ihren eigenen Büchern das Worldbuilding weniger wichtig ist als menschliche Dramen und Charakterentwicklung.

Außerdem mag sie Abwechslung. Mal liest sich eines ihrer Bücher fast wie ein historischer Krimi, ein anderes Mal, wie in Die Schöne, wird es deutlich märchenhaft. Dann wieder taucht sie mit uns ein in eine echte Fantasywelt:

In Die Erben von Sevenwaters bereist die Heldin Clodagh die geheimnisvolle, verzauberte Anderswelt der Feen. Sie begegnet faszinierenden Baumwesen, sprechenden Wassergeistern, erklettert schwindelerregende Höhen und erkundet angsteinflößende Orte.

Juliet Marillier arbeitet mit bombastischen Bildern, die im Gedächtnis hängen bleiben und einen förmlich in ihre Geschichten hineinsaugen. Sie ist sich sicher:

Fantasyautoren sind auf gewisse Weise Teil einer nicht unterbrochenen Kette traditioneller Geschichtenerzähler, die das Magische und Unheimliche dazu nutzen, das echte Leben mit seinen Problemen und Herausforderungen zu illustrieren und zu deuten.

Wenn ihr Märchenfantasy mögt, lasst euch von Juliet Marillier einspinnen in ihr wunderbares Netz aus Mythen, Geheimnissen, Liebe, Abenteuer und einer Magie, die über bloße Zaubertricks hinausgeht.

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