Ihre Kommissare mögen düstere, eigenbrötlerische Typen sein – auf die besten skandinavischen Krimiautoren trifft dies nicht zu. Im Gegenteil. Wenn diese zehn so unterschiedlichen Schriftsteller etwas gemeinsam haben, dann ist es ihre Umtriebigkeit, Neugier und ihre freundliche Erscheinung.

Verblendung

Den sensationellen Erfolg der Thriller-Reihe erlebte Stieg Larsson nicht. Er starb 2004 an einem Herzinfarkt. Überraschend für die Öffentlichkeit, weniger überraschend für seine Wegbegleiter, die ihn als typischen Workaholic beschrieben, der tagsüber arbeitete, nachts Krimis schrieb und dazu Kette rauchte. Die Bände Verblendung, Verdammnis und Vergebung wurden posthum veröffentlicht.

Was genau die Reihe so irrsinnig erfolgreich machte, darüber rätseln Literaturkritiker bis heute. Sprachliche Raffinesse sei es jedenfalls nicht. Larssons Millionen Fans sind solche Sticheleien egal. Sie verehren den skandinavischen Krimiautor für seine ikonischen Protagonisten – Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander –, die gesellschaftspolitischen Bezüge und seine detailreichen Beschreibungen. Vor allem aber für den irren Sog, den die mittlerweile mehrfach verfilmte Story entwickelt.

Serientäter: Die besten skandinavischen Krimi-Reihen.

Lars Kepler

In einem schneeweißen Turmzimmer im Herzen Stockholms sitzt Tag für Tag ein Ehepaar in symbiotischer Eintracht vor zwei Laptops. Sie schreiben, schicken sich Dialoge und Szenen zu, ergänzen und diskutieren. In dieser friedlichen Atmosphäre entsteht seit Jahren eine der erfolgreichsten Krimiserien der Welt – und eine der brutalsten.

Der Spiegelmann

Hart, schnell, explizit: Das ist der Stil von Lars Kepler. Kaum zu glauben, dass es den Mann gar nicht gibt. Oder doch? Für das Ehepaar Alexandra und Alexander Ahndoril, die unter diesem Pseudonym gemeinsam schreiben, ist er so real wie Kommissar Joona Linna und seine Mitarbeiterin Saga Bauer. Die beiden gehen auf der Jagd nach Mördern seit mittlerweile acht Bänden durch die Hölle. Denn Lars Kepler führt sich – das sagen die Ahndorils selbst – „wie ein sadistischer Gott“ auf: In Der Spiegelmann ist ein Zeuge, der einen Mord beobachtet hat, derart traumatisiert, dass er nicht darüber sprechen kann. Kommissar Joona Linna greift zu sehr ungewöhnlichen Methoden, um ihn doch zum Reden zu bringen.

Lars Kepler: So arbeitet das Ehepaar Ahndoril an seinen Romanen.

Erik Axl Sund

Hinter dem Pseudonym Erik Axl Sund steckt ebenfalls ein Autorenduo. Und wie bei Lars Kepler mussten sich die Künstler und Musiker Jerker Eriksson und Håkan Axlander erst eine fiktive Autorenpersönlichkeit zulegen, um ihre unterschiedlichen Schreibstile zusammenzubringen.

Schattenschrei

Dies gelang so gut, dass ihr Debüt „Krähenmädchen“ 2014 gleich in die Top 10 der Spiegel-Bestsellerliste einstieg. Mittlerweile umfasst die Victoria-Bergman-Reihe drei Bände. Darin gehen Kommissarin Jeanette Kihlberg und die Psychologin Sofia Zetterlund Fällen nach, die selbst die fürchterlichsten Fantasien ihrer Leser und Hörer übertreffen dürften. Von Kindesmissbrauch über sadistische Quälereien bis hin zu wahren Blutorgien reicht die Palette der beiden Punk-Rocker, die stets in Schwarz gekleidet auftreten. Unerträglicher pornographischer Gewaltexzess oder genial-schonungsloser Psychothrill? Erik Axl Sund polarisiert – und das finden die beiden Autoren auch gut so.

Henning Mankell

Theatermann, Aktivist, Afrika-Experte, Krimi-Autor – Henning Mankell war ein ungeheuer vielseitiger Mensch. Ähnlich wie bei Stieg Larsson sind seine Krimis nur eine Facette seines Lebenswerkes – allerdings die bekannteste.

Mörder ohne Gesicht

Mit seinem Kommissar Kurt Wallander schrieb sich Henning Mankell in die Geschichte des Kriminalromans ein. Wallanders tief empfundener Gerechtigkeitssinn lässt ihn an der Welt leiden – er treibt den eigenbrötlerischen Kommissar in den Alkoholismus und in die Depression.

Die Düsternis von Mankells Krimis, die emotionale Verwahrlosung der Täter und die bizarren Leiden seiner Opfer setzten Maßstäbe für ganze Autorengenerationen. Mankells Lebensthema war die Unmenschlichkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems und deren grausame Folgen für die Menschen – in Schweden wie in Afrika. Als großer Moralist unter den Krimiautoren ist er unsterblich geworden und wirkt weit über seinen Krebstod im Jahr 2015 hinaus.

Håkan Nesser

Ein durchdringender Blick unter einer halb skeptisch, halb verschmitzt hochgezogenen Augenbraue – die typische Håkan-Nesser-Pose. So sieht er auf den meisten Autorenfotos aus und so blickt er auf die Welt: scharfsinnig, mit einem Hauch Ironie und einer beeindruckenden Menschenkenntnis.

Der Verein der Linkshänder

Anders als bei seinen Kollegen geht es bei dem ehemaligen Gymnasiallehrer nie besonders blutig oder brutal zu. Vielmehr verhandelt Nesser in seinen Krimis die großen philosophischen Lebensfragen – und das so unterhaltsam, dass er weltweit Millionen erreicht. Er gilt als wichtigster lebender Krimiautor Schwedens. Zwei seiner Romane sind in seiner Heimat sogar verpflichtende Schullektüre. Seine populärste Reihe ist die um den desillusionierten Kommissar Van Veeteren; etwas weniger erfolgreich ist die Serie um den jüngeren Gunnar Barbarotti. In Der Verein der Linkshänder machte Nesser seinen Fans ein unerwartetes Geschenk und ließ beide Kommissare erstmaös gemeinsam ermitteln.

Dass er überhaupt Krimiautor wurde, sei ein Zufall, erzählte Nesser einmal in einem Interview: „Ich hatte einfach eine Geschichte, die ich erzählen wollte, und die ließ sich nur als Krimi erzählen.“ Er interessiere sich nun mal für den Tod, die Liebe und das Leben. Heute geht Håkan Nesser auf die 70 zu. Er wohnt mit seiner zweiten Frau auf der Insel Gotland. Man muss kein Menschenkenner von Nessers Format sein, um zu sehen: Dieser Mann ist grundzufrieden.

Brutal gut: Die Top 10 der Schweden-Krimis.

Arne Dahl

Arne Dahls schriftstellerisches Erweckungserlebnis war der Fall der Berliner Mauer. Dabei gab es Dahl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Der promovierte Literaturwissenschaftler Jan Arnald, der hinter dem Pseudonym steckt, beobachtete den Zusammenbruch des kommunistischen Systems. Er sah, wie die schwedische Gesellschaft sich unter dem Einfluss der Zuwanderung veränderte und beschloss, darüber zu schreiben. Aber nicht wie bisher in Form von anspruchsvollen, philosophischen Romanen oder gar Gedichten. Ein Krimi sollte es werden – und dafür brauchte es ein Pseudonym.

Dunkelziffer

Heute ist Arne Dahl eine Marke. Seine Themen sucht sich der Autor am Rande der Gesellschaft: Prostituierte, international operierende Verbrecherbanden und Drogenabhängige spielen in seinen Krimis eine Rolle. Am bekanntesten ist seine Reihe um das A-Team, eine Sondereinheit der Stockholmer Polizei. Mittlerweile wurde deren Inspektor Paul Hjelm befördert und ermittelt nun in der fiktiven Europol-Gruppe.

Dahl ist auch Autor der Berger-und-Bloom-Serie, die mit dem fünften Band Null gleich eins ihren furiosen Abschluss findet. In Sachen Brutalität steht der Schwede mit dem gutmütigen Gesicht seinem Kollegen Lars Kepler übrigens in nichts nach: In Arne Dahls Krimis wird so einfallsreich wie schmerzhaft gemordet.

Åsa Larsson

Nördlicher als Kiruna geht es nicht, zumindest nicht in Schweden. In der Arbeiterstadt geht die Sonne im Winter 20 Tage lang nicht auf. Hier wuchs die erfolgreichste Krimiautorin Schwedens auf: Åsa Larsson.

Denn die Gier wird euch verderben

Die langen, düsteren Winter scheinen die Schwedin mit dem sonnigen Lächeln geprägt zu haben. Ihr Ermittlerduo, bestehend aus der Kriminalinspektorin Anna-Maria Mella und der Anwältin Rebecka Martinsson, löst seit dem Debüt „Sonnensturm“ rätselhafte, oft mystisch angehauchte Fälle. Seit Åsa Larsson ihren Brotjob als Rechtsanwältin an den Nagel gehangen hat, lässt sie ihrem Erzähltalent freien Lauf – und das über Genregrenzen hinweg. Liebesgeschichte, Historienroman, Mystery-Thriller: Ihre eigenwilligen Romane mixen Genres gekonde.

Die besten skandinavischen Krimiautoren: Island

Islands Krimiszene ist jung und überschaubar – was nicht überraschen bei einem Land mit etwa 330.000 Einwohnern. Seit Arnaldur Indriðason vor 20 Jahren seinen Kommissar Erlendur ins Rennen schickte, entdecken immer mehr seiner Landsleute den Krimiautoren in sich. Und das erstaunlich erfolgreich.

Yrsa Sigurðardóttir

Die isländische Autorin Yrsa Sigurðardóttir veröffentlicht seit 2005 jedes Jahr einen Krimi. Diese Leistung ist umso bemerkenswerter, da sie gar nicht hauptberuflich als Autorin arbeitet, sondern sich erst nach Feierabend an ihre raffinierten Fälle setzt. Die schreibt sie in einer kleinen Hütte nahe des Kárahnjúka-Staudamms, wo sie als Ingenieurin arbeitet.

Sigurðardóttirs bekannteste Heldin ist die humorvolle Rechtsanwältin Þóra Guðmundsdóttir. 2016 kam das explosive Duo Huldar & Freyja dazu. Sigurðardóttirs verwebt in ihren Krimis zwei oder mehr Erzählstränge so geschickt, dass ihre Leser und Hörer bis zum Schluss im Dunkeln tappen. Trockener Humor, ein düsteres Setting und übernatürliche Erscheinungen sind weitere Zutaten ihrer weltweit erfolgreichen Island-Krimis. Die Times befand, die 56-Jährige sei eine der „besten Kriminalautoren der Welt“. Dem ist nicht viel hinzuzufügen, außer vielleicht: Der Shooting Star unter den skandinavischen Krimiautoren hat definitiv das Zeug zum Dauerbrenner.

Magie und Mordlust: Die besten Island-Krimis entdecken.

Die bestens skandinavischen Krimiautoren: Norwegen

Norwegen schickt sich an, den Schweden in Sachen Krimis ernsthafte Konkurrenz zu machen. Exemplarisch für die vielfältige Krimiszene des Landes stehen diese beiden Autoren:

Jo Nesbø

Musiker, Schriftsteller, Ökonom – auch auf Jo Nesbø trifft das Prädikat „vielseitig interessiert“ zu. Profi-Fußballer wäre er auch fast geworden. Der Mann gilt als Perfektionist, der pedantisch am Aufbau seiner Norwegen-Thriller feilt. Erst wenn die Handlung atemlos von Höhepunkt zu Höhepunkt rast, ist der gebürtige Osloer mit dem kantigen Kinn zufrieden. So begeistert er seit 1997 Leser und Hörer in mehr als 40 Ländern.

Messer

Sein bekanntester Protagonist Harry Hole ist ein einsamer Wolf wie aus dem Bilderbuch. Harry Hole säuft wie ein Loch, kann aber glasklar denken, wenn es drauf ankommt. Hinter seiner abgeklärten und skrupellosen Fassade verbirgt sich ein empfindsamer Charakter, der zu tiefer Liebe fähig ist. Jo Nesbø interessiert sich für diese Widersprüche im Leben. Gut und Böse – das sind für ihn nur zwei Seiten derselben Medaille.

Anne Holt

Anne Holt war einmal die Justizministerin Norwegens. Allerdings nur einige Monate lang, dann musste sie ihr Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen. Schade für die Politik, schön für ihre Fans. Seither widmet sich die ehemalige Rechtsanwältin – die auch mal stellvertretende Polizeichefin von Oslo war – ganz ihrer schriftstellerischen Karriere.

Krimis schreibt Anne Holt seit Anfang der Neunzigerjahre, zwei ihrer Romane verfasste sie sogar gemeinsam mit der ehemaligen Staatssekretärin im Justizministerium, Berit Reiss-Andersen. Offenbar liefern ihr ihre Erfahrungen reichlich Krimi-Stoff. In ihren bekanntesten Serien um die Kommissarin Hanne Wilhelmsen und die Profilerin Inger Vik beleuchtet die Autorin unerschrocken menschliche Abgründe.

Ihr Privatleben hält Anne Holt dagegen streng unter Verschluss – bekannt ist lediglich, dass sie mit ihrer Verlegerin Tine Kjaer in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenlebt. In ihren Krimis kreist Anne Holt viel um die Themen Rache und Selbstjustiz. Das Schreiben selbst, gab sie einmal zu, mache ihr keinen Spaß: „Tatsächlich hasse ich es sogar. Aber mir Charaktere und einen Plot auszudenken, das liebe ich sehr.“ Gut für ihre Fans, dass Anne Holt so ein disziplinierter Mensch ist.

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Die besten skandinavischen Krimiautoren: Dänemark

Dänemark ist ein Königreich mit einer Königin und einem König. Die Königin heißt Margrethe II. Der König heißt Jussi Adler-Olsen und sitzt unangefochten auf dem Krimi-Thron des hyggeligen Landes.

Jussi Adler-Olsen

Wie soll man sich für ein Metier entscheiden, wenn die Welt doch voller interessanter Möglichkeiten ist? Jussi Adler-Olsen studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Filmwissenschaft. Ähnlich vielfältig sieht auch seine berufliche Laufbahn aus: Comicverkäufer, Filmvorführer, Friedensaktivist ... 1997 fand er endlich einen Weg, seine verschiedenen Leidenschaften in einem Beruf zu bündeln: Er schrieb seinen ersten Thriller. Der ganz große Durchbruch gelang Adler-Olsen erst zehn Jahre später mit „Erbarmen“.

Erbarmen - Carl Mørck

Der erste Fall für Carl Mørck stürmte in Deutschland auf Platz 2 der Spiegel-Bestsellerliste, in anderen Ländern sah es ähnlich aus. Seither hat der charmante Däne mehr als 16 Millionen Bücher verkauft. Die Qualitäten seiner Krimis – ein rasantes Erzähltempo, vielschichtige Charaktere und glaubwürdige Dialoge – prädestinierte die Reihe Sonderdezernat Q für eine Hörspielumsetzung. Die gibt es exklusiv bei Audible (mit Justus von Dohnányi und Denis Moschitto in den Haupt-Sprecherrollen).

Wer mehr über den kurvenreichen Lebensweg des Erfolgsautors erfahren möchte, dem sei auch die kurzweilige Biographie „Jussi – Die vielen Leben des Jussi Adler-Olsen“ empfohlen.

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