In der Literatur malen Öko-Thriller und Dystopien eine düstere Zukunft. Ein spezielles Genre der Climate Fiction dreht den Spieß jedoch um und setzt stattdessen auf Hoffnung, innovative Technologie und Solidarität. Die Rede ist von „Solarpunk“. Was steckt eigentlich hinter dem Begriff? Was sind die Ursprünge des Genres? Und welche aktuellen Solarpunk-Bücher könnten für dich interessant sein? Hier findest du es heraus!

Die Ursprünge des Solarpunk-Genres

Zum ersten Mal erwähnt wird der Begriff „Solarpunk“ in einem Beitrag von 2008 auf dem Blog „Republic of the Bees“ mit dem Titel „From Steampunk to Solarpunk“. Im Artikel geht es – wie im Steampunk auch – um die Verbindung von alter und neuer Technologie: in diesem Fall um alternative Antriebsmöglichkeiten für die Schifffahrt. Als Inspiration diente das (tatsächlich existierende) deutsche Containerschiff MS Beluga Skysails, das weltweit als erstes durch computergesteuerte Zugdrachen angetrieben wird – im Prinzip eine moderne Anwendung althergebrachter Segeltechnologie. Der Solarpunk war geboren.

Während der Steampunk sich aber als spekulativ und als alternative Wirklichkeit begreift, meint der Solarpunk es ernst: Alte und moderne Ideen verbinden sich darin zu neuen, realistischen Anwendungsmöglichkeiten. Ziel ist neben einer nachhaltigen, umweltschonenden Lebensweise auch soziales und ökonomisches Wohlergehen aller.

Wind- und Solartechnik stehen im Zentrum der Erfindungen des Solarpunk, um die Klimakatastrophe abzuwenden und in eine ressourcenschonende und lebenswerte Zukunft zu gehen. Wissenschaft und Fiktion geben sich dabei die Hand, und die Solarpunk-Community pflegt ihre Verbindungen zu Forscherinnen und Forscherin. Teilweise werden Bücher, die diesem literarischen Genre zugeordnet werden können, auch von Expertinnen und Experten für Umwelt-Themen geschrieben, zum Beispiel von Biologinnen und Biologen.

Aktuelle Solarpunk-Buchempfehlungen

Bei einer im Rahmen der Klimabuchmesse 2024 stattfindenden Veranstaltung mit dem Titel „Vision, Solar-Punk und Humor – welche Zukunft Romane schreiben“ präsentierten Raphael Thelen, Jasmin Schreiber und Anette Schaumlöffel ihre aktuellen Werke und diskutierten Visionen und Denkansätze für eine gemeinsame Zukunft.

Thelen, Autor und Aktivist der „Letzten Generation“, plädiert in seinem Debüt „Wut“ dafür, eben dieses Gefühl beim Kampf gegen die Klimakrise nicht weiter zu unterdrücken. Sie sei der „treibende Faktor dafür, sich aus dem Käfig zu befreien und sich einer Bewegung anzuschließen“. Sein Solarpunk-Roman spielt in der nahen Zukunft. Das 2023 erschienene Werk, dessen Handlung sich über einen Zeitraum von acht Stunden erstreckt, wirft die Frage auf, was Protest kann und auch darf.

Schaumlöffel ist nicht nur Autorin, sondern auch auf das Schreiben von Bedienungsanleitungen spezialisierte technische Redakteurin. Ihre aktuelle Romanreihe „In einem Land nach unserer Zeit“ verbindet Elemente aus der nordischen Mythologie mit Science Fiction. „Waterworld“-ähnlich bewegen sich die Charaktere in dieser Dystopie nomadisch über die Weltmeere, um durch den Klimawandel verursachten Katastrophen zu entgehen.

Das können allerdings nur die, die es sich leisten können. Als eine Bio-Engineering-Maßnahme, die die Krise aufhalten soll, missglückt, fällt die Welt in einen tiefen Winterschlaf. Doch das ist nicht das Ende der Geschichte, denn es bleiben Menschen auf der Erde zurück. Wie gestaltet sich das Zusammenleben in den neu entstehenden Gemeinschaften? Autorin Schaumlöffel betont:

„Eine Veränderung des Systems des Egoismus ist nötig.“

Jasmin Schreibers Debüt „Marianengraben“ war 2020 ein Spiegel-Bestseller. Doch Schreiber ist nicht nur Autorin, sondern auch Biologin – und zwar eine, die sich auf „Krabbeltiere“, genauer gesagt: auf Kurzflügler, spezialisiert hat. Um die geht es auch in ihrem 2023 veröffentlichen Roman Endling. Ein „Endling“ ist, biologisch betrachtet, das letzte Exemplar einer Art.

Endling

Als, 17 Jahre in der Zukunft, das Buchen-Sterben eine Kaskade des Artensterbens in Gang setzt, schlittert die Welt in eine Krise. Die wird verstärkt durch die Tatsache, dass eine rechte Regierung – die unter anderem massiv die Rechte von Frauen einschränkt – an der Macht ist. Bei der Klimabuchmesse betont Schreiber:

„Auch wir Menschen könnten irgendwann Endlinge sein“.

Ihren Roman beschreibt sie nicht als „Solarpunk“, sondern als „Dystopie mit utopischen Elementen“. Sie sagt: „Ich hoffe immer noch auf eine Lösung, die ich nicht kenne. Wenn ich sie kennen würde, würde ich in Stockholm einen Nobelpreis annehmen.“

Solarpunk: Aktivismus und Allgemeinwohl

Solarpunk keine Spinnerei – hinter den Werken steckt die Absicht, die Zukunft grüner und nachhaltiger zu gestalten. Und das zeigt sich im lebendigen Aktivismus der Szene. Solarpunk ist nämlich nicht ausschließlich Literaturgenre. Hauptsächlich ist es eine globale Bewegung. Wer sich auf den sozialen Medien umschaut, findet neben reiner Solarpunk-Ästhetik mit futuristischen Entwürfen nämlich auch echte Tatkraft: lokale oder regionale Communities, die sich nicht nur austauschen, sondern im Kleinen ihre Ideen in Projekte umsetzen.

Architektur, Begrünung, der Einsatz von Photovoltaik und städtische Infrastruktur-Planung sind ganz konkrete Felder, an denen gearbeitet wird. Selbstversorger-Vereinigungen und gemeinschaftliche, ökologische Nutzung kommunaler Flächen sind Trends, die auch dazu gehören.

Der Solidaritätsgedanke spielt bei allem eine wichtige Rolle. Nur gemeinsam ist der Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen, womit sich Solarpunk auch als soziale Bewegung versteht. Schließlich geht es bei “Punk” um ein Aufbegehren, um eine Rebellion gegen das Etablierte, und das bevorteilt in unserer Gegenwart nunmal einzelne Gruppen statt die Gesamtheit. Wirtschaftlichkeit steht vor Nachhaltigkeit. Kurzfristiges Denken wird vor langfristige Vorteile gestellt. Dagegen begehrt der Solarpunk auf.

Mit Solarpunk gemeinsam in eine lebenswerte Zukunft

Ein ganzheitliches Umdenken braucht keine Stars, sondern eine solidarisch handelnde Mehrheit. Ziel ist nicht nur der Umweltschutz, sondern ganzheitliches Wohlergehen. Dieses Credo schlägt sich im Schriftlichen nieder: Die meiste Solarpunk-Literatur existiert in Form von gemeinschaftlich verfassten Anthologien oder Manifesten anstatt einzelne Autorinnen oder Autoren hervorzuheben.

Wichtige Meilensteine sind zum Beispiel die brasilianische Anthologie Solarpunk: Histórias ecológicas e fantásticas em um mundo sustentável und das Solarpunk Manifesto von 2019, das die Grundsätze der Bewegung auflistet.

Ganz deutlich wird hier auch der Unterschied zum Cyberpunk. Der verbindet fiktive, auf die Spitze getriebene Zukunftstechnologie nämlich mit einem negativen, meist zynischen Gesellschaftsbild. Dystopische Szenarien werden dabei entworfen, in denen Einzelne sehen müssen, wie sie klarkommen, und das hat auch viel mit ökonomischer Ausbeutung und sozialer Ungerechtigkeit zu tun – also genau der Gegenpol zum Solarpunk mit seiner utopischen Denkrichtung, die will, dass es allen besser geht.

Vereinfacht: Während im Cyberpunk das Glas schon leer ist und im Steampunk das Ganze einfach nur cool aussieht, ist der Solarpunk optimistisch dabei, das Glas wieder ganz zu füllen.

Solarpunk-Romane: Noch mehr Buchempfehlungen

Als Vorläufer des Solarpunk-Genres gilt der Roman Ecotopia des amerikanischen Schriftstellers, Journalisten und ökologischen Vordenkers Ernest Callenbach, der in einer ökologisch gesunden Zukunftsgesellschaft spielt. Einer ähnlichen Vision folgt „Eiland“ von Aldous Huxley, veröffentlicht 1962, das – ganz anders als seine berühmte Dystopie „Schöne neue Welt“ – das Bild einer pazifischen Insel mit einer von der ganzen Welt beneideten, idealen und florierenden Gemeinschaft entwirft.

Ursula K. Le Guin, die große Dame der Fantastik, spielte schon 1974 in The Dispossessed mit dem Gedanken einer bestens funktionierenden, anarchistischen Utopie auf einem fernen Planeten.

The Complete Ecotopia
The Dispossessed

Als einer der bekanntesten Solarpunk-Vertreter gilt Kim Stanley Robinson. In seiner „Mars“-Trilogie lässt er aus dem Staub des roten Planeten eine lebenswerte, grüne Zukunft für die Menschheit entstehen.

In Das Ministerium für die Zukunft berichten „Augenzeugen“ von den Folgen des Klimawandels. Große Vorwürfe gehen dabei an das 2025 gegründete Ministerium, das eigentlich die Klimakatastrophe hätte abwenden sollen, aber versagt hat. Dennoch setzt der Roman auf Optimismus, denn es finden sich Verbündete, und es gibt immer noch Hoffnung.

Red Mars
Das Ministerium für die Zukunft

In A Psalm for the Wild-Built, dem Auftakt ihrer „Monk & Robot“-Triologie, zeichnet Becky Chambers das Bild einer nachhaltigen, friedlichen, von Spiritualität getragenen Welt, die das Industriezeitalter weit hinter sich gelassen hat.

A Psalm for the Wild-Built

Mönche ziehen mit Pop-Up Tee Shops umher und hören sich den (auch in einer idealen Welt existierenden) Kummer der Leute an. Bei einem dieser Mönche taucht plötzlich ein Roboter von damals auf, und die beiden beginnen eine philosophische Diskussion – und eine Freundschaft.

In Marie Graßhoffs New-Adult-Trilogie „Neon Birds“ leben die Menschen weitgehend vegan, vereint und regiert von einem Weltrat in einer neonfarbenen Zukunftswelt.

Neon Birds

Umweltveränderungen haben das Leben in die Tundra oder Arktis verschoben. Nanoroboter, eigentlich als hilfreiches Optimierungs-Tool erschaffen, verwandeln durch ein Virus allerdings Menschen in gefährliche Cyborgs. Hier endet der interessante und ziemlich detailreiche Entwurf einer utopischen, nachhaltigen Welt und kippt in den Kampf zwischen Menschheit und Technologie.

Noch mehr Buchempfehlungen: Auch diese Bücher enthalten Solarpunk-Elemente

A Door into Ocean
The Fifth Sacred Thing
The Summer Prince

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