Tödliche Spiele

In der nächsten Woche startet mit ganz viel Trara und Tamtam der erste Teil der Tribute von Panem-Trilogie in den Kinos. Dem vorausgegangen ist ein Siegeszug der Bücher durch Fanherzen und Kritikerfedern weltweit. Da fragt man sich doch gerne, wie eine Trilogie, die scheinbar aus dem Nichts über die Lese- und Hörvölker dieser Welt hereinbrach, so einen durchschlagenden Erfolg bei so vielen Menschen mit mannigfaltigen literarischen Geschmäckern haben konnte.

Die Gattung der "All-Ager"

Zunächst und sehr oberflächlich betrachtet gehört die Panem-Trilogie zu der erst kürzlich in unser Bewusstsein getretenen Gattung der „All-Ager“. Jenem Buchgenre also, das vom schmachtenden Teenager bis zum bildungsbürgerlichen Opa jede Zielgruppe durch seine fantastische Handlung in den Bann zieht, was aber von den Lesern mal mehr, mal weniger offen zugegeben wird. So entwenden womöglich hunderttausend deutsche Familienväter allabendlich, still und heimlich den neuesten Band aus dem Zimmer der Tochter um mit süßen Gewissensbissen in den Welten von zaubernden Lehrlingen und zwangskeuschen Blutsaugern zu schwelgen. Audible-Hörer werden hier verschmitzt lächeln, denn mit einem Stöpsel im Ohr statt dem Buch vor der Nase lassen sich solche Heimlichkeiten deutlich leichter umsetzen.

Die Sprecher

Gelesen wird das Tribute von Panem Hörbuch von Maria Koschny, die auch schon die gekürzten Fassungen zum Klingen gebracht hat und bereits der Hauptdarstellerin im Kinofilm, Jennifer Lawrence, ihre Stimme geliehen hat.

Die Welt von Panem ist allerdings deutlich düsterer als jene aus vergleichbaren Büchern, denn im Kern handelt es sich bei der Panem-Trilogie um knallharte dystopische Romane. Nicht die fantastischen Welten eines Tolkiens, sondern die düsteren Visionen aus George Orwells „1984“ und Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ sind hier die direkten Verwandten der Geschichte um die unmenschlichen Gladiatorenkämpfe der „Hungerspiele“.

Was passiert in der Panem-Trilogie?

In einem von Naturkatastrophen und Bürgerkriegen fast vollkommen zerstörten Nordamerika werden diese Hungerspiele veranstaltet, um die verbliebenen „Distrikte“ an die Allmacht des „Kapitols“, eines übermächtigen Stadtstaates in den Rocky Mountains, zu erinnern. Von den 12 Distrikten werden dafür jedes Jahr 24 „Tribute“, ein Junge und ein Mädchen aus jedem Distrikt, verlangt, die anschließend in einer Freiluftarena um Leben und Tod kämpfen müssen, während die ganze Nation live per Fernseher zuschaut.

Die einzelnen Elemente dieser düsteren Zukunft mögen uns vertraut sein. Wie in „1984“ gibt es einen übermächtigen, technologisch überlegenen Staat, den die Menschen fürchten und aus „Schöne neue Welt“ kennt man die Idee einer durch Massenmedien und Unterhaltung völlig realitätsfernen oberen Gesellschaftsschicht, wie hier die Einwohner des Kapitols, welche die niederen Gesellschaftsschichten der Distrikte völlig unterjocht hat. Die Einflüsse, die Suzanne Collins zu ihrer Trilogie inspiriert haben, gehen allerdings noch deutlich weiter und tiefer. So nannte sie den griechischen Theseus-Mythos und die Sage um den Minotaurus ebenso wie Ihre persönlichen Erfahrungen als Tochter eines Vietnam-Veteranen als Ursprung Ihrer Idee der Protagonistin Katniss Everdeen.

Hier geht es zum ungekürzten Hörbuch „Tödliche Spiele“ von Suzanne Collins

Eine unübliche Heldin

Und was die Welt der Panem-Romane so besonders macht, ist diese, für dystopische Romane absolut unübliche Heldin. Katniss Everdeen ist an der Oberfläche eine starke und selbstbestimmte Jugendliche, die seit Jahren ihre Familie durch die gefährliche Jagd in den weiten Wäldern ihres Distrikts ernährt. Sie begreift die unerbittliche Welt um sie herum als selbstverständlich und hat scheinbar auch ihr Innenleben gegen alle Unwägbarkeiten abgehärtet. Allerdings nur scheinbar, denn sobald Sie als Tribut in einer fremden Arena auch gegen ihren Freund Peeta kämpfen muss, ist sie etwas, das wir nur zu gut kennen: Ein innerlich völlig verunsicherter Teenager, der in die große, weite Welt mit ihren ungerechten Regeln gestoßen wird.

Und hier erkennen sich all die unterschiedlichen HörerInnen und LeserInnen, ob sie nun 13 oder 73 sind. Denn das Gefühl des schmerzhaften und von äußeren Zwängen begleiteten Lernprozesses, den Katniss durchmacht, kennen wir alle. Man nennt ihn auch Erwachsenwerden.

Dystopien

In Dystopien werden düstere Zukunftsszenarien durchgespielt. Nach einem umwälzenden Ereignis muss sich eine völlig veränderte Welt mit dem "Danach" auseinandersetzen. Es gibt inzwischen eine wahre Flut an dystopischen Büchern. Die besten stellen wir euch in diesem Artikel vor: Dystopische Romane: 10 Dystopien, die ihr kennen solltet.