Fitzwilliam Darcy, “Stolz und Vorurteil”

Hat das intensive Starren zu einer Kunstform erhoben und kann, wenn er erstmal sein abweisendes Schweigen durchbrochen hat, erstaunlich eloquent und umständlich Liebesbekenntnisse von sich geben. Seine anfängliche Arroganz und Abfälligkeit verbergen ein zartes Herz und eine treue Seele. Zu der muss man sich aber erstmal durchgraben - und findet dann hohe Integrität und jemanden, der um gute Taten keine großen Worte macht. Stille Wasser sind bekanntlich tief, und so ist das auch hier. Darcy ist nichts für lockere Eroberungen; er braucht eine Frau, die die Herausforderung liebt und so schnell nicht klein bei gibt. Hartnäckigkeit ist gefragt! Denn auch wenn er etwas anderes behauptet: Er kann verdammt gut tanzen! Kleiner Tipp: Zum Baden in einem See einladen. Er lässt dabei vermutlich sein weißes Hemd an, sieht tropfnass aber besonders eindrucksvoll aus!

Stolz und Vorurteil

Romeo Montague, “Romeo und Julia”

Jung, hübsch und mit der Neigung, in Sommernächten gereimte Liebesschwüre zu Balkonen hoch zu säuseln, ist Romeo Montague ein wahrer Teenie-Traum. Er fackelt nicht lange und erobert Herzen im fiebrigen Sturm: die Angebetete muss auf einen Heiratsantrag nach nur wenigen Tagen gefasst sein. Es kann etwas irritieren, dass er erst vor wenigen Stunden für eine Dame namens Rosalind entbrannt war, aber trotz der scheinbaren Wankelmütigkeit: Romeo meint es ernst. Todernst. Daher sollte man ihn von giftigen Substanzen ebenso fern halten wie von spitzen oder scharfen Gegenständen. Ein weiteres Problem ist seine Familie, die zu blutigen Fehden und mörderischem Clan-Verhalten neigt. Wer der falschen Familie angehört, landet schnell auf der Todesliste. Schwierige Angelegenheit.

Julia & Romeo

Heathcliff, “Sturmhöhe"

Dieser Naturbursche wandert gerne über windige, einsame Moore: Für Outdoor-Fans mit einem Faible zum Leben auf dem Land genau das Richtige! Die müssen allerdings wetterfest sein und dürfen sich von Sturm und dunklen, mondlosen Nächten nicht abschrecken lassen. Dieser düster und gequält dreinblickende Kerl ist nur etwas für Fortgeschrittene: Er schreit mit seinem ruppigen Verhalten geradezu danach, aus seinem emotionalen Elend gerettet zu werden. Hinter der sehr rauen Schale verbirgt sich die brennende Leidenschaft einer verlorenen Seele. Leider verbirgt sich dahinter auch gewalttätige Besessenheit, Eifersucht und Rachedurst. Wird dieser Typ verletzt, zerstört er sich selbst und alles drumherum. Außerdem gibt es da Gerüchte über Inzest und Geister auf seinem Anwesen. Da lässt man vielleicht besser die Finger von!

Sturmhöhe

Edward Cullen, “Twilight”

Ja, er ist etwas blass und mit über einhundert Jahren nicht mehr der Jüngste, aber hey: Man sieht es ihm nicht an! Und in der Sonne glitzert er sogar! Das bringt seine goldbraunen Augen noch besser zur Geltung, mit denen er seine Auserkorene die meiste Zeit schmerzvoll-sehnsüchtig anstarrt. Und starrt. Und starrt. Denn anfassen könnte etwas schwierig werden: Edward packt im Rausch der Leidenschaft unfreiwillig feste zu, und mit gebrochenen Knochen küsst es sich nur halb so gut. Dafür kann er wunderschön Klavier spielen, mit bloßen Händen Beulen aus Autos entfernen und einer Frau die Gedanken nicht von den Lippen, sondern direkt aus dem Kopf ablesen. Edward ist auch preiswert im Unterhalt: Er benötigt kein Essen und kein Bett zum Schlafen. Cool, unnahbar und mysteriös, bringt ihn eigentlich nur eins aus der Fassung: Blut. Wir haben erwähnt, dass er ein Vampir ist, oder? Aber ein “vegetarischer”. Eine Beziehung mit ihm will wohlüberlegt sein: Aufgrund der Unsterblichkeit kann “ewig” eine verdammt lange Zeit werden.

Bis(s) zum Morgengrauen

Edward Rochester, “Jane Eyre”

Sachwerte sind vorhanden: ein Landgut, Vermögen, ein Adelstitel. Und auch wenn er dem damaligen Schönheitsideal nicht entsprach: Heute würde Rochester mit seinen schwarzen Haaren, dunklen Augen und seinen hart-maskulinen Zügen tatsächlich gut ankommen! Selbst das brütende vor sich Hinstarren ist inzwischen eher anziehend: Hier ist ein Mann, dessen Geheimnisse frau entdecken und auf dessen grimmige Züge sie ein Lächeln zaubern möchte. Für ihn spricht auch, dass ihm Intelligenz und wahre Liebe bei einer Partnerin wichtiger sind als hübsches Aussehen. Die inneren Werte zählen! Tierlieb ist er auch noch: Sein Hund “Pilot” geht mit ihm durch dick und dünn. Da verzeiht man ihm auch, dass er sich anfangs ein bisschen wie der Boss aufführt und erst ein bisschen Demut lernen muss. Größtes Problem: Er neigt zu Bigamie und versteckt seine durchgedrehten Ehefrauen gerne auf dem Dachboden. Außerdem sollte man stets einen Feuerlöscher in Reichweite haben, da es um ihn herum gerne brennt.

Jane Eyre, die Waise von Lowood

Giacomo Casanova, “Geschichte meines Lebens”

Der größte Liebhaber aller Zeiten! Mit diesem Label kann der italienische Schriftsteller und Star seiner eigenen Memoiren aufwarten. Groß gewachsen und attraktiv, werden ihm tatsächlich mehr Frauengeschichten angedichtet als wahr ist. Von Natur aus neugierig und reiselustig, stürzt sich Casanova ins Leben und ins Abenteuer. Dumm ist er auch nicht: Er besitzt gleich zwei Doktorgrade in Jura und war eine Weile als Priester tätig - bis er nach einer vorgetäuschten Ohnmacht dem langweiligen Job entfloh. Die Leidenschaft dieses Mannes ist legendär, aber auch gefährlich: Für die Liebe landet der feurige Italiener auch mal im Knast oder stellt sich im Duell einer Gewehrkugel entgegen. Den muss man als Partner ein bisschen vor sich selbst schützen. Wie weit es mit der Treue her ist, ist fraglich, aber seine Fruchtbarkeit ist es nicht: Casanova hat seine Gene in ganz Europa verstreut und dabei ein bisschen den Überblick über seine uneheliche Kinderschar verloren. Vielleicht eher ein Mann für eine glühende Affäre als für eine feste Beziehung.

Geschichte meines Lebens

James Alexander Malcolm Mackenzie Fraser, “Outlander”

Dieser rotgelockte, mächtig gebaute Highlander bietet ein Fashion-Feature, das keiner der anderen Kandidaten vorweisen kann: einen Schottenrock! Er weiß mit einem Schwert ebenso gut umzugehen wie mit dem Gewehr, hat Muckis bis zum Abwinken und ist ein begnadeter Reiter. Der ständige Regen und Nebel der schottischen Highlands macht ihm auch nichts aus. An seine Seite gehört also eine wetterfeste Frau, die lange Ausritte mag. Jamie’s Partnerin sollte profunde medizinische Kenntnisse mitbringen, denn dieser Kerl ist anfällig für Verletzungen: Schuss- und Schnittwunden kommen ebenso vor wie gebrochene Knochen, ein verrenktes Kreuz oder Schlangenbisse. Jamie ist ein traditionsverhafteter Mann, lässt sich von einer starken Frau aber mit etwas Geduld zur Gleichberechtigung erziehen. Die Hochzeitsnacht dürfte eine Überraschung für die Braut werden: Dieses Bild von einem Mann ist tatsächlich noch Jungfrau, lernt aber schnell dazu und stellt sich als ebenso leidenschaftlicher wie hingebungsvoller Partner im Bett heraus.

Feuer und Stein

Cyrano de Bergerac, “Cyrano de Bergerac"

In diesem Fall kommt es auf die inneren Werte an: Der Poet und Soldat mit der gewandten Zunge und dem schnellen Degen wurde mit einer gigantischen Nase im Gesicht geboren. Obwohl er sich selbst darüber lustig macht, leidet er insgeheim sehr unter seinem Äußeren und glaubt nicht daran, dass sich eine Dame in ihn verlieben könnte. Da ist also Überzeugungsarbeit zu leisten. Und dabei ist Cyrano ein großer Romantiker, dessen lyrische, zauberhafte Worte jedes Herz um den Finger zu wickeln verstehen. Ganz großes Kino: seine Liebesbriefe! Handgeschrieben, von Tränen benetzt und poetisch ohne Ende, kommt damit keine noch so sorgsam komponierte WhatsApp mit. Wenn er sich nur trauen würde, die Briefe mit seinem eigenen Namen zu unterschreiben, anstatt sich darin als gutaussehender Schönling auszugeben! Um diesen Mann aus seiner Unsicherheit herauszuholen, muss frau auch zwischen den Zeilen lesen können, wird dafür aber mit Treue bis in den Tod belohnt.

Cyrano de Bergerac

Fjodor Dolokhov, “Krieg und Frieden”

Böse Buben flirten gut. Das kann dieser heißblütige russische Offizier aus dem Effeff und macht in seiner Uniform dabei eine verdammt gute Figur. Er liebt den Nervenkitzel - ob auf dem Schlachtfeld oder dem Tanzparkett - ohne die Konsequenzen zu fürchten. Mut hat er und Selbstbewusstsein. Vielleicht ein bisschen viel davon, denn er riskiert gerne Kopf und Kragen. Und bindet einem dabei wortwörtlich (!) einen Bären auf. Für ein Trinkgelage, einen Kartenspiel mit hohem Einsatz oder eine herzhafte Prügelei ist Fedya (so sein Kosename) immer gut, genau wie für ein Duell mit dem Säbel oder der Pistole. Eine gute Versicherung und Erste-Hilfe-Kenntnisse sind also angeraten. Eine prickelnde Affäre kann man mit Dolokhov sicher erleben, aber treu ist er nur zwei ganz besonderen Frauen: seiner Mutter und seiner Schwester.

Krieg und Frieden 1

Rhett Butler, “Vom Winde verweht”

Ein schnittiger Südstaaten-Gentleman mit Vermögen, Charme und schalkhaftem Witz, schert sich dieser Frauenversteher nicht allzu sehr um Konventionen und pfeift auf seinen zweifelhaften Ruf als “schwarzes Schaf” der Familie. Weltmännisch, selbstbewusst und attraktiv, ist dieser unverklemmte, gut gekleidete Herr durchaus ein Schnäppchen für moderne Frauen - zumal er auch noch großzügig und gebildet ist und ein hingebungsvoller Vater. Im Wege stehen könnte einer Romanze seine Spielernatur (von Karten kann er schlecht die Finger lassen), das Rumzwirbeln an seinem etwas altmodischen Schnäuzer und die Wolke aus Zigarrenrauch, die ihn ständig umweht. Außerdem hat der Mann nur bedingt Geduld: Wenn man ihn allzu lange auf eine Liebeserklärung warten lässt, zieht er die Konsequenzen - und geht. Und zwar endgültig.

Fazit unseres Modernitätstests:

Die meisten Traumkerle aus den großen Liebesromanen der Weltliteratur sind nur bedingt geeignet für eine Liebesbeziehung im 21. Jahrhundert. Oder zumindest wäre einiges an Arbeit zu leisten, um diese Herzensbrecher tauglich für die Moderne zu machen. Aber die Wirklichkeit sieht eben immer etwas nüchterner aus als die Fiktion. Oder, wie wir heute so gerne sagen: Es ist kompliziert.