Ivar Leon Menger gehört für mich zu den absoluten Star-Autoren, wenn es um Hörspiele geht. Nicht nur sind seine Werke mitreißend und voller spannender Wendungen, sie werden auch in allerbester Qualität mit den besten Sprechern und Geräuschemachern vertont. Mein absoluter Menger-Liebling ist „Monster 83“ – ein Mystery-Thriller, der in den 80er Jahren spielt. Gerade warte ich sehnsüchtig auf die dritte Staffel seines neuesten Werkes „Ghostbox“ – einen übersinnlichen Thriller. Die Aufnahmen dazu wurden gerade abgeschlossen. Und ich habe die Gelegenheit genutzt und mit Ivar über seine Arbeit gesprochen.

Monster 1983: Die komplette 1. Staffel

Wie bist du dazu gekommen, Hörspiele zu schreiben?

Über das Filmemachen. Ich hatte damals einen Thriller-Kurzfilm mit Justus von Dohnányi und Fabian Busch gedreht, der hieß „Tramper“, und damit einen nationalen Regie-Wettbewerb von ProSieben gewonnen. Das liegt ungefähr fünfzehn Jahre zurück. Der Preis war, einen 20:15 Uhr-Film mit Bjarne Mädel zu drehen. Dafür bin ich dann für drei Monate nach Berlin-Mitte gezogen, um Casting, Location und die Proben vorzubereiten. Doch zwei Wochen vor Drehbeginn haben sich ProSieben und die Filmproduktion zerstritten und das Projekt wurde kurzerhand gecancelt. Da saß ich also völlig verzweifelt in Berlin und wusste nicht weiter. Durch einen befreundeten Regisseur habe ich den Synchronsprecher Jan-David Rönfeldt kennengelernt, der mein damaliges Episoden-Filmskript „Der Prinzessin“ als Hörspiel produzieren wollte. Die Idee hat mir gefallen und so hat Jan-David dann ein Hörspiel daraus gemacht. Die Rolle des Stalkers haben wir mit Jens Wawrczeck besetzt, den man eigentlich als Peter Shaw von den drei Fragezeichen kennt. Jens hatte mein Drehbuch so gut gefallen, dass er mich als Autor bei Sony/Europa empfohlen hat. So habe ich dann kurz darauf meine erste Folge für die DIE DR3I geschrieben, mein Einstieg in die Hörspielwelt. Danach kamen dann viele weitere Hörspiele und Hörbücher dazu, wie zum Beispiel Die drei Fragezeichen, Plan B, Dodo, Darkside Park, Terminal 3, Porterville, Monster 1983 und Ghostbox.

Sterben hat seine Zeit

Was ist die Herausforderung daran, ein Hörspiel zu schreiben?

Hörspiele sind ein ganz eigenes Genre. Man kann zum Beispiel nicht in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten eintauchen, wie bei einem Buch. Damit ist es schwieriger, die Beweggründe der Figuren zu beschreiben. Dann sollte man im Gegensatz zu einem Film immer darauf achten, dass Figuren nicht alleine agieren, damit man immer einen Dialog schreiben kann und nicht Monologe. So ist es im Film zum Beispiel spannender, wenn ein Charakter alleine in den Keller geht.

Im Hörspiel wird das aber eher lustig, wenn man dazu gezwungen ist, Monologe zu schreiben wie „Oh, ist das hier dunkel. Was könnte da unten nur sein? Was war das für ein Geräusch?“ Und hier kommen wir gleich zum nächsten Punkt. Der Dialog. Der lebt am besten durch den Subtext, den er transportiert. Nicht immer alles im Dialog erklären, was man „sehen“ soll. Die Hörer und Hörerinnen schätzen es, wenn man sie mitdenken lässt. Ansonsten wird es schnell zum Kinderhörspiel.

Ghostbox. Der Tod ist nicht das Ende

Wie produzierst du das fertige Hörspiel? Worauf muss man alles achten?

Seit über zehn Jahren arbeite ich mit meinem Freund Tommi Schneefuß von Sound of Snow Berlin zusammen. Er ist der Produzent, Studiobetreiber und Soundtechniker all meiner Produktionen. Bei ihm nehmen wir alle Schauspieler und Schauspielerinnen auf, die Tommi dann im ersten Roughcut zusammenschneidet. Dabei ist der Sprachrhythmus das Allerwichtigste, damit alle Figuren auch miteinander reden, denn wir können alle Synchronsprecher und Synchronsprecherinnen aus Termingründen leider nur getrennt voneinander aufnehmen.

Dann setzt Tommi alle Impulsivgeräusche vor, wie beispielsweise Türen, für unseren Geräuschemacher Jörg Klinkenberg, der zehn Tage ins Studio kommt und alle Schritte inszeniert. Danach baut Tommi alle anderen Geräusche und Atmosphären ein, während ich mit Ynie Ray, unserem Komponisten, die Hörspielmusik bespreche und auf den Rohschnitt anlege. Dabei wird die Musik anschließend auf jede Szene, auf jeden Dialog komponiert.

Und abschließend gehen dann alle Daten an Henrik Cordes, der für das Mastering verantwortlich ist. Er mischt alle Spuren, baut Räume und den Hall – und seit Ghostbox vieles sogar binaural, das bedeutet mit 3D-Audio-Effekten. Es ist also ein komplettes Teamwork.

Was ist dein liebstes Hörspiel, sowohl von dir, als auch von einem anderen Autor?

Von meinen eigenen Werken mag ich die zweite Staffel von Ghostbox besonders und von anderen Hörspielen hat mich Der Angstmann von Frank Goldammer und Kerstin Wiedé begeistert. Aktuell habe ich mir Sieben Siegel von Kai Meyer heruntergeladen, ich bin schon sehr gespannt darauf. Und als Hörbuch finde ich Das Parfum von Patrick Süskind, gelesen von Hans Korte, großartig. Nicht zu vergessen: Du hättest gehen sollen von Daniel Kehlmann, hervorragend gelesen von Ulrich Noethen.

Der Angstmann

An was arbeitest du momentan?

Im Moment sind wir mitten in der Produktion von Ghostbox, Staffel 3, die Sprachaufnahmen in Berlin sind alle abgeschlossen, Tommi befindet sich gerade im Schnitt und ich kümmere mich um den Musikschnitt. Darüber hinaus schreibe ich gerade an meinem allerersten Roman, natürlich ein Thriller, aus der Sicht eines fünfzehnjährigen Mädchens. Und natürlich denke ich auch schon über eine neue Audible Original-Serie nach, die wir dann 2021 produzieren. Mal sehen, welches Genre es wird…

Hast du ein Traum, was du als Autor gerne mal schreiben würdest?

Es gibt da keinen bestimmten Traum. Sobald mir meine Muse eine neue Idee schenkt – es ist mir immer noch ein Rätsel, wie die Ideen zu mir kommen – also wenn ich spüre, dass es die richtige Idee ist, lege ich sofort mit dem Schreiben los. Deshalb bin ich auch so dankbar, dass Audible mir so blind vertraut und mich alles entwickeln lässt, was mich berührt. Das ist für mich die perfekte Partnerschaft, um wirklich Neues zu schaffen. An dieser Stelle vielen Dank an Steffen Wilhelm und Silke Fürderer von Audible. Und danke auch an dich, Vreni, für die spannenden Fragen.

Ich sage ebenfalls danke und werde weiterhin fleißig Schauspiel üben, damit ich hoffentlich irgendwann auch in einem deiner Werke mitspielen kann.