Auf dem Tisch liegt ein rechtsmedizinischer Leitfaden mit dem klangvollen Titel „Leichenschau am Fundort“, daneben ein Reiseführer für Cornwall und eine Sammlung von britischen True-Crime-Geschichten. An der Wand hängen bunte Karteikarten mit Stichworten, die nahelegen, man sei mitten in das wöchentliche Treffen der „Anonymen Auftragsmörder“ geraten.

1. Eine Leiche zu viel

Mord im Konferenzraum

Tatsächlicher Tatort: ein Konferenzraum inmitten von Berlin. Hier, im Headquarter von Audible Europa, wird nicht etwa ein perfider Mord geplant, sondern ein neues Cosy-Crime-Hörbuch. Die bunten Karteikarten an der Wand, sie dienen der Konzeption der insgesamt drei Hörbuchfolgen, die Lektüre auf dem Tisch der Inspiration.

Die vier Leute, die in diesem Writers’ Room am Plot des neuen Hörbuchs basteln, entsprechen so gar nicht den gängigen Klischees vom Schriftsteller – weder intellektuelle Pfeifenraucher noch Cognac-Glas-schwenkende ältere Herren sind hier zu sehen.

Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Drei Autoren, eine Mission

Stattdessen: die drei Autoren Björn Berenz, Lisa Bitzer und Katharina Schendel, die zusammen mit dem Leiter des Writers’ Rooms, Oliver Schütte, um einen Konferenztisch herumsitzen, auf dem sich Notizzettel neben leeren Club-Mate- und Eisteeflaschen stapeln. Gerade diskutieren die vier, wie denn die Lokalzeitung des kleinen englischen Ortes, in dem sich ihre Geschichte abspielt, glaubwürdig heißen könnte. Eine Producerin unterstützt den Schreibtrupp unter anderem bei urheberrechtlichen Fragen.

In Cosy Crimes sind die Handlungsorte mehr als eine reine Kulisse, wie Katharina, selbst eine leidenschaftliche Leserin dieser Art von Krimis, erklärt: „Cosy Crimes sind weniger brutal. Es geht nicht darum, dass die Leser oder Hörer sich das Hörbuch anhören und danach verstört sind, sondern ihren Spaß haben. Es geht dabei auch um die Idylle in dem beschriebenen kleinen Ort, der schönen Landschaft – was wiederum im Kontrast steht zu den Abgründen, die sich hinter den Fassaden der Menschen auftun. Man kann auch viel mit Humor arbeiten.“

Der Tote im Eisfach

Plotten und planen bis die Story steht

Im Planen und Schreiben sind die drei Autoren keinesfalls Neulinge: Björn schreibt unter eigenem Namen sowie unter Pseudonym Kinderbücher, Science-Fiction-Romane und Humoristisches, Lisa hat bereits mehrere Romane und Sachbücher veröffentlicht und ist außerdem als Ghostwriterin tätig und Katharina schreibt hauptsächlich Krimis, am liebsten Cosy Crimes.

Im Writers’ Room von Audible vereinen sie ihr Können: Sie entscheiden, wer wann wen umbringt und wie die Tat später ans Licht kommt. Sie machen sich selbst über noch so kleine Details Gedanken, entwerfen zum Beispiel eine Landkarte für den fiktionalen Ort ihres Hörbuchs und eine Serienbibel, in der festgelegt wird, wie die einzelnen Figuren aussehen.

„Du musst wissen, welches Sternzeichen dein Protagonist hat, was seine Lieblingsfarbe ist und, und, und …“

Lisa Bitzer

Geheimnisvolle Zeugen

„Du musst – übertrieben gesagt – wissen, welches Sternzeichen dein Protagonist hat, was seine Lieblingsfarbe ist und, und, und …“, so Autorin Lisa Bitzer. Was machen die Charaktere in bestimmten Situationen? Wie reagieren sie auf brisante Neuigkeiten?

Die Ausarbeitung von Handlungssträngen ebenso wie Charakterzügen erfüllt selbstverständlich einen Zweck: „Man taucht komplett in ihre Welt ein und versucht sich in jede Figur reinzuversetzen“, erklärt Katharina und fügt hinzu: „Das muss man jeden Tag wieder neu machen.“ Je genauer man seine Protagonisten also kennt, desto besser.

Gemeinsam plant sich’s besser als allein

Plotten und planen müssen die drei auch, wenn sie allein im stillen Kämmerlein an ihren Büchern schreiben. Neu ist jedoch für sie der Writers’ Room, in dem sie gemeinsam mit anderen arbeiten. „Vom Ablauf her ist es wie zu Hause: Man entwickelt seine Figuren, seinen Plot, seine Geschichte“, meint Björn. „Dann hat man aber oft das Problem, dass man im eigenen Sumpf feststeckt. Hier kannst du einander die Bälle zuspielen, jonglierst mit Ideen, die sicher nicht alle gut sind, die aber von den anderen aufgegriffen und neu interpretiert werden. Das macht Spaß.“

1. Der Tod der alten Dame

Von der Idee zum fertigen Hörbuch

Ebenfalls neu für alle drei: ein Hörbuch schreiben. Inwiefern sich das von der Arbeit an einem gedruckten Buch unterscheidet? „Du schreibst knapper“, sagt Lisa Bitzer. „Beim Buch versuchst du die Seitenvorgabe vom Verlag zu erfüllen, indem du vielleicht auch mal eine Naturbeschreibung machst. Das kommt hier nicht in Frage“, fügt sie hinzu und lacht.

Björns Strategie, um eine Geschichte zu schreiben, die sich gut als Hörbuch eignet: „Ich lese mir gerne meine Texte selbst vor und da merke ich schon, dass manches nicht funktioniert. Das mache ich bei dieser Cosy-Crime-Geschichte noch intensiver, um sicherzustellen, dass ich nicht allzu verschachtelte Sätze schreibe.“

The Writer's Room

Im Falle ihres Cosy-Crime-Hörbuchs sind die Autoren angehalten, nicht mehr als 150 Seiten zu schreiben, damit die einzelnen Folgen eine Hördauer von etwa vier Stunden nicht überschreiten. Ein „normales“ Buch umfasst – im Vergleich dazu – um die 200 bis 300 Seiten, wie Katharina erläutert.

In zwei Monaten, wenn jeder seine Folge fertiggestellt hat, treffen sich die drei wieder an diesem Tisch in Audibles Konferenzraum. Auch wenn das Grundgerüst steht, spannend bleibt es für uns als zukünftige Hörerinnen und Hörer trotzdem – denn wer der Mörder ist, das möchte natürlich noch keiner verraten.